USA stellen klar: Giftgaseinsatz muss bestraft werden

Johne Kerry ließ keinen Zweifel: Die USA wollen den Einsatz chemischer Waffen in Syrien nicht ungesühnt lassen.
Johne Kerry ließ keinen Zweifel: Die USA wollen den Einsatz chemischer Waffen in Syrien nicht ungesühnt lassen.(c) REUTERS (LARRY DOWNING)
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Das "Wann" und das "Wie" sind noch offen, doch Erklärungen von Außenminister Kerry und Präsident Obama zeigen: die USA werden in Syrien militärisch eingreifen.

Die USA geben dem Regime des syrischen Machthabers Bashar al-Assad eindeutig die Schuld an dem "entsetzlichen Chemiewaffenangriff" vor neun Tagen in Syrien. Die Beweise dafür stammten aus Tausenden Quellen und seien "so klar wie schlüssig", sagte Außenminister John Kerry am Freitag in einer emotionalen Erklärung in Washington. Bei der Attacke am 21. August seien 1429 Menschen getötet worden, darunter mindestens 426 Kinder. Dies sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die USA würden darauf entsprechend reagieren. Assad sei ein "Verbrecher und Mörder".

In einem Statement nach Kerrys Rede sagte US-Präsident Barrack Obama, eine Entscheidung über einen Militärschlag in Syrien sei noch nicht gefallen. Es gebe mehrere Optionen. In seinem Statement wiederholte Obama ansonsten die Kernaussagen von Kerrys Erklärung eine Stunde zuvor.  Er hätte es bevorzugt, wenn die internationale Gemeinschaft dabei im Boot gewesen wäre, fügte er hinzu.

"Hohe Wahrscheinlichkeit"

Gleichzeitig veröffentlichte das Weiße Haus einen Bericht zu den Geschehnissen: "Die US-Regierung stellt fest, dass die syrische Regierung mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Giftgasangriff in den Vororten von Damaskus ausgeführt hat", heißt es darin. Es sei "äußerst unwahrscheinlich", dass die Opposition für die Angriffe verantwortlich sei.

Assads Chemiewaffen-Personal habe drei Tage vor dem Angriff in der betroffenen Region Vorbereitungen getroffen. Kerry ergänzte: "Wir wissen, von wo und wann die Raketen abgeschossen wurden und wo sie landeten." Sie seien aus einem Gebiet gekommen, das nur vom Regime kontrolliert worden sei.

Unter anderem seien auch Telefonate hoher syrischer Funktionäre abgehört worden, die bewiesen, dass diese Kenntnisse von dem Einsatz der weltweit geächteten Chemiewaffen gehabt hätten. Auch seien die bei dem Angriff benutzten Raketen eindeutig nur für die Regierungstruppen verfügbar.

Die Fehler im Vorfeld des Irakkrieges 2003 würde man nicht wiederholen, sagte Kerry. Er könne nicht alle Details der Öffentlichkeit präsentieren. Doch "wir wissen, dass das syrische Regime chemische Waffen benutzt hat". Kerry sagte auch, die US-Regierung wisse, dass Assad chemische Waffen bereits mehrmals dieses Jahr in kleineren Dosen eingesetzt hätte.

USA wollen keine Bodentruppen senden

Die USA müssten ihrer Verantwortung in der Welt gerecht werden. Es könne nicht sein, dass die Welt aufschreit und danach nicht reagiert. Wegen der "garantierten russischen Blockadepolitik" im UN-Sicherheitsrat werde die US-Regierung weiter mit ihren Verbündeten und dem Kongress über das Vorgehen in Syrien beraten. "Wir werden unsere eigenen Entscheidungen zu den von uns gewählten Zeiten anhand unserer eigenen Werte treffen", stellte Kerry klar.

Die Zahl derer, die mit den USA mitziehen würden ist allerdings überschaubar. In der Nacht auf Freitag hatte das britische Parlament eine Beteiligung an einem Militäreinsatz vorerst abgelehnt. Die USA und Frankreich haben daraufhin angekündigt, notfalls auch ohne Großbritannien eingreifen zu wollen, dessen Regierung sich zuvor stark für eine Intervention ins Zeug gelegt hatte

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Ein militärischer Einsatz wäre laut Kerry zeitlich begrenzt und würde nicht den Krieg beenden. Schlussendlich müsse es eine diplomatische Lösung für das Land geben. Die weltweit abscheulichsten Waffen (gemeint sind chemische Waffen, Anm.) dürften nicht gegen die Ärmsten der Welt eingesetzt werden, dafür würden die USA stehen - auch wenn die US-amerikanische Bevölkerung müde vom Krieg sei. Das sei er auch, sagte Kerry.

Erdogan möchte mehr

Ein nur begrenzter Militärschlag gegen Damaskus geht dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht weit genug: "Eine begrenzte Aktion kann uns nicht zufriedenstellen", sagte er am Freitag vor Journalisten, wie der türkische Sender NTV berichtete. "Das Ziel muss sein, das Regime zur Aufgabe zu zwingen."

UN-Experten haben Arbeit beendet

Die UN-Chemiewaffenexperten in Syrien haben ihre Arbeit beendet. Ein Sprecher der Vereinten Nationen teilte am Freitag mit, die Befragungen und Proben-Entnahmen seien abgeschlossen. Vor Rückschlüssen müssten die Proben nun eingehend analysiert werden. Wie lange dies dauern werde, sei nicht absehbar. Der Abzug der UN-Mitarbeiter aus Syrien gilt als frühestmöglicher Zeitpunkt für einen US-Angriff. Sie sollen das Land am Samstag verlassen.

Die Experten hatten mehrere Tage lang in Vororten der syrischen Hauptstadt Damaskus nach Spuren des mutmaßlichen Chemiewaffen-Einsatzes in der vergangenen Woche gesucht, bei dem nach Oppositionsangaben mehr als Tausend Menschen ums Leben kamen.

Spindelegger: Einsatz in den "nächsten Tagen"

Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) rechnet mit einem westlichen Militäreinsatz gegen das syrische Regime "in den nächsten Tagen". Vor Journalisten betonte er am Freitag in Wien erneut, die österreichische Ablehnung eines Eingreifens ohne UNO-Mandat. Sollte jedoch der Sicherheitsrat zustimmen, werde auch Österreich zumindest passiv eine Militärintervention mittragen. Gefahr für die im syrischen Nachbarland Libanon stationierten österreichischen Blauhelmsoldaten sieht er vorerst nicht.

Ein zeitlich begrenzter Angriff würde die Machtbalance im Bürgerkrieg nicht entscheiden und er fürchte, dass der Westen mit in den Krieg hineingezogen werde. Ohne Resolution des UNO-Sicherheitsrates sei Österreich als neutrales Land verpflichtet, sich nicht einzumischen - das gelte auch für Überflugsrechte. Für die rund 170 österreichischen Blauhelmsoldaten im Libanon sieht Spindelegger gegenwärtig keine Gefahr.

Der Vizekanzler präsentierte am Freitag auch das Ergebnis einer IFK-Studie über die Einstellung der Österreicher zu einem Militärschlag gegen Syrien. Demnach lehnen 26 Prozent ein militärisches Eingreifen grundsätzlich ab, 30 Prozent sehen darin nur den letzten Ausweg, 21 Prozent würden es nur mit UNO-Mandat unterstützen, 17 Prozent auch ohne. Die Studie wurde im Auftrag des Außenministeriums durchgeführt, 500 Personen wurden befragt.

(APA/Red.)

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