Israel zeigt mit Raketentest Stärke

Abwehrschirm. Jerusalem sendet an Syrien und den Iran ein Signal seiner Verteidigungsbereitschaft.

Wien/Moskau/Washington/Reuters/Hd. „Russische Radarstationen haben zwei ballistische Objekte entdeckt, die im Mittelmeer abgefeuert wurden und Richtung Osten flogen.“ In Zeiten, wo ein Militärschlag der USA und verbündeter Staaten gegen Syrien unmittelbar bevorsteht, kann eine solche Meldung, wie sie die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti am Dienstag verbreitete, für gehörige Aufregung sorgen.

War das der Kriegsbeginn? Wollte US-Präsident Barack Obama nicht vorher den Kongress bitten, die Militärschläge abzusegnen? Aus Damaskus hieß es wenig später, auf syrischem Territorium sei keine Rakete niedergegangen, die Flugkörper seien ohne Schaden anzurichten ins Meer gestürzt. Die russische Botschaft in Damaskus meldete, es gebe keine Hinweise auf einen Einschlag.

Konnte es auch gar nicht, denn es handelte sich um einen israelischen Raketenabwehr-Test, durchgeführt mit Unterstützung der USA, wie später bekannt wurde. Zunächst hatte sich das israelische Verteidigungsministerium noch ahnungslos gegeben: Nein, man wisse von keinem derartigen Vorgang. Wenig später gab Jerusalem aber das Versteckspiel auf und den Raketentest zu. Man habe eine radargesteuerte Rakete abgefeuert, die als Ziel gedient habe.

Israel: Erfolgreicher Test

Offenbar handelte es sich um eine Rakete des Typs „Sparrow“ (Spatz, Sperling), die geeignet ist, syrische und iranische ballistische Raketen zu simulieren. Sie wird für Zielübungen im Rahmen des Abwehrsystems „Arrow“ (Pfeil) verwendet, einer israelisch-amerikanischen Co-Produktion. Die US-Regierung dementierte gegenüber dem Sender NBC, direkt an dem Test beteiligt gewesen zu sein.

Stellt sich die Frage nach dem Timing des Raketentests und der Botschaft, die damit vermittelt werden sollte. Israels Verteidigungsminister Mosche Yaalon sagte nur, Israel müsse seine militärische Schlagkraft bewahren, und in diesem Sinne habe man einen erfolgreichen Test durchgeführt. Uzi Rabin, der Cheftechniker hinter „Arrow“, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Raketenabwehr-Tests lange vorab geplant würden. Im Normalfall nehme allerdings niemand davon Notiz. Der Test kommt für Israel freilich zur rechten Zeit, denn sollten die USA und ihre – bisher wenigen – Verbündeten tatsächlich Ziele in Syrien angreifen, dann muss Israel seinerseits auf Raketenangriffe gefasst sein, sei es durch das Regime in Damaskus selbst oder dessen Vasallen im Libanon, die schiitische Hisbollah-Miliz.

Mit Davids Steinschleuder

Das israelische Raketenabwehrsystem besteht aus mehreren Stufen. Am bekanntesten ist die „Eiserne Kuppel“, die sich gegen Kurzstreckenraketen richtet, wie sie etwa die Hisbollah oder die Hamas im Gazastreifen verwenden. Für Raketen einer Reichweite bis etwa 300 Kilometer ist „Davids Steinschleuder“ zuständig, für ballistische Raketen größerer Reichweite das „Pfeil“-System. Ein Test von „Arrow“ richtet sich demnach weniger an die Hisbollah, als vielmehr an Syrien, aber auch an den Iran mit seinem Arsenal an Mittelstreckenraketen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2013)

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