US-Senat gibt Obama 90 Tage für Aktion gegen Assad

Syrien Moeglicher Militaerschlag Tage
Syrien Moeglicher Militaerschlag Tage(c) Imago
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Der Kongress ist skeptisch gegenüber der Syrien-Strategie des Präsidenten. Aus Sorge um einen weltpolitischen Gesichtsverlust der USA gewähren die Parlamentarier ihm vorerst aber Rückhalt.

Washington. Der Auswärtige Ausschuss des US-Senats hat Präsident Barack Obama einen Luftangriff auf syrische Militäreinrichtungen erlaubt. Am Mittwochabend (MESZ) stimmte der Ausschuss mit 10:7 für eine entsprechende Ermächtigung. Der Text gibt Obama 60 Tage für eine Strafaktion gegen die Einheiten des syrischen Diktators Bashar al-Assad. Diese Frist kann um 30 Tage verlängert werden, falls der Kongress das nicht von sich aus untersagt.

Ausdrücklich nicht erlaubt ist der Einsatz von Bodentruppen; eine Absicht, die der kriegsscheue Präsident gar nicht hatte. Die Minister für Äußeres und Verteidigung, John Kerry und Chuck Hagel, waren am Mittwoch auch im außenpolitischen Ausschuss des Repräsentantenhauses zur Aussprache geladen. Wie tags zuvor im Senatsausschuss wiederholten Kerry und Hagel dort ihre Überzeugung, dass Truppen unter dem Oberbefehl von Assad am 21. August am Stadtrand von Damaskus das Giftgas Sarin gegen Zivilisten eingesetzt und damit gut 1500 Menschen getötet hätten. „Das ist passiert. Und Assads Regime hat es getan“, sagte Kerry. „Manche Leute haben unglaublicherweise die Beweise für diesen Angriff in Zweifel gezogen. Nur mit größtem Mutwillen kann man so tun, als sei das nicht passiert.“

Unmöglich, jegliches Giftgas zu eliminieren

Am Mittwoch im Repräsentantenhaus legte Kerry noch einmal nach: Wenn die USA Assad jetzt nicht züchtigten werde er „zu 100 Prozent“ wieder Giftgas einsetzen. Martin Dempsey, der Generalstabschef der amerikanischen Streitkräfte, untergrub allerdings die Behauptung der beiden Minister, ein amerikanischer Militärschlag könne die Gefahr der syrischen Chemiewaffen völlig beenden: „Die chemischen Waffen völlig beseitigen? Das ist unmöglich, angesichts ihrer Anzahl.“

Keiner der anwesenden Senatoren – mit Ausnahme des radikal-libertären Republikaners Rand Paul – bezweifelte das. Doch Kerry wirkte weniger überzeugend, als er seine Gründe für die Notwendigkeit eines Angriffs auf Syrien mit Marschflugkörpern zu argumentieren versuchte. „Die Handlungen des Präsidenten würden uns sicherer machen und die Wahrscheinlichkeit verringern, dass Assad diese Waffen gegen uns einsetzt“, sagte der Außenminister. Der Isolationist und Kriegsgegner Paul war darob empört: „Es ist eine offene Frage, ob es weniger wahrscheinlich ist, dass Assad nach einem Angriff Chemiewaffen einsetzt. Es gibt ein vernünftiges Argument dafür, dass die Welt danach weniger stabil ist als jetzt.“

Paul war auch über die Ambivalenz erzürnt, mit der Präsident Obama am Freitag offen gelassen hatte, ob er Syrien auch im Fall eines negativen Beschlusses von Senat und Repräsentantenhaus angreifen würde. „Krieg zu erklären ist eine Zuständigkeit des Kongresses, nicht des Präsidenten. Sie machen uns hier zu Theaterschauspielern. Wir spielen Verfassungstheater für den Präsidenten. Nur dann, wenn unser Votum bindend ist, hat es einen Sinn.“

Kerry ließ sich allerdings auf keine Zusagen im Namen des Weißen Hauses ein. „Ich weiß nicht, was seine Absichten sind. Aber er hat jedenfalls die verfassungsmäßige Gewalt dazu. Und er beabsichtigt, diese Abstimmung zu gewinnen.“

Falke John McCain spielt lieber Poker

Wortarm blieb John McCain, der erfahrenste Außenpolitiker der republikanischen Senatoren. Er dringt darauf, dass die USA Assads Regime stürzen, muss aber einsehen, dass es dazu weder im Weißen Haus noch auf dem Kapitol und schon gar nicht in der amerikanischen Bevölkerung den Willen gibt. McCain war von der Anhörung derart gelangweilt, dass er sich von einem Fotografen beim Pokerspielen auf seinem Handy ertappen ließ. „Skandal! Bei einem iPhone-Spiel nach mehr als drei Stunden in der Senatsanhörung erwischt – und das Schlimmste: Ich habe verloren!“, ließ McCain seine mehr als 1,8 Millionen Follower per Twitter wissen. Er stimmte am Mittwoch gegen die Resolution.

Im Hintergrund der Debatten in beiden Häusern stand die Sorge, dass Amerikas Untätigkeit nach dem syrischen Giftgaseinsatz den Iran dazu animieren könnte, die Militarisierung seines Nuklearprogramms zu beschleunigen. Zweitens befürchten das Pentagon und das State Department, dass ihnen die Hände gebunden wären, wenn der syrische Bürgerkrieg irgendwann derart eskaliert, dass Amerika sich doch zum Eingreifen gezwungen sieht. „Wenn Sie Assad sind oder irgendein anderer Despot in der Region, und die USA macht einen Rückzieher: Was ist für Sie die Botschaft?“, fragte Kerry die Senatoren. „Wenn wir nicht antworten, werden wir hierher zurückkommen und um die Antwort auf eine viel größere Bedrohung bitten.“

Ausschussvorsitzender Menendez, der voll auf der Linie des Weißen Hauses ist, sprach von den „Ayatollahs des Terrors im Iran“. Und auch der republikanische Jungstar Marco Rubio sprach davon, dass „das, was in Syrien passiert, von vitalem Interesse für die amerikanische Sicherheit ist. Die Iraner prahlen damit, dass ihnen Syrien eine Grenze zu Israel verschafft.“

Wirklich schlüssig wirkte die Position der republikanischen Senatoren nicht; man merkte ihnen an, dass sie einerseits über die Herausforderung der amerikanischen Vormachtstellung durch Assad empört sind, andererseits aber dem ihnen missliebigen Präsidenten so wenig Hilfe wie möglich bei der Bewältigung dieser Herausforderung leisten wollen. „Ich bin erschüttert über den Mangel an Hilfe, den wir den geprüften zuverlässigen Rebellen zukommen lassen“, sagte Bob Corker, der ranghöchste Republikaner im Ausschuss. Er forderte Obama aber zugleich auf, „zu argumentieren, wieso Syrien für die amerikanischen strategischen Interessen wichtig ist. Es gibt nämlich unterschiedliche Ansichten darüber, welche Auswirkung ein Angriff auf dieses Land haben wird, mit dem wir uns einlassen.“

Auch im Repräsentantenhaus wurde der Umgang des Weißen Hauses mit dem Syrien-Problem kritisiert: „Die Syrien-Politik dieser Regierung ist nicht vertrauensfördernd“, sagte der republikanische Ausschussvorsitzende Ed Royce.

Kritik an Weißem Haus aus eigenen Reihen

Auch die demokratischen Parteifreunde sahen Kerry nicht durchwegs unkritisch. „Bei allem Respekt: Ich denke nicht, dass wir so schnell in der UNO hätten aufgeben sollen“, kritisierte Tom Udall den Außenminister. „Es wäre nützlich, die geheimdienstlichen Erkenntnisse über den Giftgasangriff zu veröffentlichen“, schlug Edward Markey, Kerrys Nachfolger als Senator aus Massachusetts, vergeblich vor. „Wir fragen uns, ob es eine Grenze für die Fähigkeit der amerikanischen Militärmacht für die Beeinflussung politischer Ereignisse im Nahen Osten gibt“, merkte Christopher Murphy an.

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