Australien: Lieber Premierminister statt Priester

Ausralien Lieber Premierminister statt
Ausralien Lieber Premierminister statt(c) EPA (DEAN LEWINS)
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Mit einem Erdrutschsieg hat der Konservative Tony Abbott die Regierungsmacht in Australien erobert. Seine Berater haben (fast) ganze Arbeit geleistet, ihn vom Image des reaktionären Frauenfeinds zu befreien.

Für jemanden, der gerade einen haushohen Wahlsieg eingefahren und das erreicht hatte, woran er seit mehr als drei Jahren unermüdlich gearbeitet hatte, fiel der Eröffnungssatz reichlich unspektakulär, ja karg aus: „Ich kann euch mitteilen, dass die Regierung Australiens gewechselt hat“, sagte Tony Abbott, als er um 22.13 Uhr nach erfolgreich geschlagener Wahlschlacht unter dem Jubel seiner Anhänger die Bühne des Hotels „Vier Jahreszeiten“ in Sydney enterte. Und gleich da capo, als müsste nicht zuletzt er sich selbst vergewissern, dass das kein Traum war, sondern die Realität: „Offensichtlich hört ihr das gerne, also sage ich es noch einmal: Die Regierung Australiens hat gewechselt.“

Nämlich von der heillos zerstrittenen Labour-Party auf ihn, auf Tony Abbott. Im zweiten Anlauf schaffte der 55-jährige Chef der Konservativen, was ihm 2010 verwehrt blieb: das Amt des Premierministers im „lucky country“. Wobei Australiens Regierende mit diesem Zitat besser vorsichtig umgehen, lautet es doch in voller Länge: „Australien ist ein glückliches Land, geführt von zweitklassigem Personal, das an seinem Glück mitnascht.“ Recht viel anders würde der verbal angriffslustige Abbott die vergangenen sechs Jahre unter Labour-Premierministern wohl nicht beschreiben, eine Phase, die an diesem Samstag zu Ende ging.

Abbotts Triumph fiel dabei noch viel eindrucksvoller aus, als die Umfragen es erwarten ließen: Noch stand das finale Resultat nicht fest, als der asketische Sportler seinen Sieg verkündete, doch mit 88 bis 90 von 150 Sitzen konnte er jedenfalls rechnen. Ein Erdrutsch, den man Abbott vor nicht allzulanger Zeit nicht zugetraut hätte, auch nicht in der eigenen Partei. Bei der letzten Wahl 2010 hatte er gegen die nicht rasend populäre Julia Gillard gerade einmal ein Patt erreicht. Und diesmal hatte der ehemalige College-Boxer mit dem Labour-Veteranen Kevin Rudd, der Gillard erst im Juli gestürzt hatte, einen deutlich schwierigeren Kontrahenten im Wahlkampf-Ring.


Kanten abgeschliffen. Doch der Tony Abbott von 2013 ist nicht mehr der reaktionäre Fettnäpfchen-Treter, als den ihn seine Gegner gerne darstellen. Zumindest gab er sich in den vergangenen Monaten alle Mühe, ein gemäßigteres Bild abzugeben. Nur manchmal brach noch der alte Tony Abbott hervor, als er etwa für sich das „Argument“ ins Treffen führte: „Wenn ihr wissen wollt, wen ihr wählen sollt – ich bin der Kerl mit den gut aussehenden Töchtern.“ Aber im Allgemeinen hatten ihn seine Berater offenbar gut im Griff und schliffen die ärgsten Kanten, die man als wahlsieggefährdend identifiziert hatte, erfolgreich ab. Sogar seine lesbische Schwester musste für das Weichzeichnen des homophoben Images Abbotts herhalten.

Eigentlich wollte der tiefgläubige Katholik Priester werden, konnte sich dann aber mit dem Zölibat nicht so richtig anfreunden. In Anspielung an seine Zeit als Priesteranwärter nennen ihn seine Gegner gelegentlich „mad monk“, also „verrückter Mönch“. Bevor er in die Politik ging, schrieb er für den „Australian“, ein Blatt aus dem Portfolio Rupert Murdochs. Abbott konnte sich dann auch auf die geballte Feuerkraft der Murdoch-Presse verlassen.

Im Wahlkampf konzentrierte er sich auf klare, einfache Botschaften: Staatsausgaben und Sozialprogramme zurückfahren, Einwanderung stoppen, indem man die Boatpeople erst gar nicht an Land lässt, CO2-Steuer abschaffen. Letzteres Versprechen sei „in Blut geschrieben“ wie er wiederholt betont hatte, denn für den Klimawandel-Skeptiker von Václav Klaus‘schen Graden ist die Zivilisations-induzierte Erderwärmung ein „absoluter Unfug“. Die Beziehungen Australiens zu den pazifischen Inselstaaten versprechen also spannend zu werden.

Fakten

Australien kam vergleichsweise gut durch die Krise. Das Wirtschaftswachstum betrug zuletzt 2,6 Prozent, die Arbeitslosigkeit 5,5 Prozent, allerdings mit steigender Tendenz.

Flüchtlinge sind seit langem ein heißes Thema in Australien. Waren vor zwei Jahren nur 4565 Bootsflüchtlinge gezählt worden, so waren es 2012 schon 17.200 und heuer alleine bis Juli schon 11.000. Das Thema spielte denn auch im Wahlkampf eine große Rolle, Konservative wie Sozialdemokraten sprachen sich für eine restriktive Politik aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2013)

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