Kein Wasser, kein Benzin: Libyen rutscht in Staatskrise

Kein Wasser kein Benzin
Kein Wasser kein Benzin(c) REUTERS (ESAM OMRAN AL-FETORI)
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Zwei Jahre nach dem Sturz Gaddafis stürzt das Land in Chaos und Anarchie. Die Kunden der Ölexporte wandern ab.

Kairo/Tripolis/Mg. Nahezu unbemerkt schlittert Libyen in die schwerste Staatskrise seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi. Vor zwei Jahren galt das ölreiche Land noch als Musterfall für eine gelungene Militärintervention. Inzwischen funktioniert nichts mehr. Von Monat zu Monat versinkt Libyen tiefer in Chaos und Anarchie. Die Autorität der Zentralregierung ist zusammengebrochen. Ölexportanlagen stehen still, die entgangenen Einnahmen summieren sich inzwischen auf mehr als fünf Milliarden Dollar. Verärgerte Kunden wandern zu anderen Ölexporteuren ab. An den Tankstellen bilden sich Warteschlangen, in der Hauptstadt Tripolis fällt stundenlang der Strom aus, weil es an Diesel für die Kraftwerke fehlt. Die Wasserversorgung stockt, weil Stammeskämpfer die Pumpen der Tiefbrunnen in der Wüste lahmlegen.

Zerreißprobe ums Öl

Zur größten Zerreißprobe jedoch entwickelt sich der Kampf um die Hoheit über die Ölterminals, bei denen Hafenarbeiter und das aus Exrebellen rekrutierte Sicherheitspersonal seit Wochen streiken und offenbar versuchen, Rohöl an der Staatskasse vorbei auf eigene Rechnung zu verkaufen. Die Regierung von Ministerpräsident Ali Zeidan besteht aus einer fragilen Koalition von Islamisten, alten Gaddafi-Getreuen und eingeschworenen Gaddafi-Oppositionellen. Die Führung sei inkompetent und müsse zurücktreten, forderte dagegen der höchste Geistliche. Den Regierenden fehlt jedes Rezept gegen das Treiben der bewaffneten Milizen. Stattdessen gehören Attentate auf Offiziere, Politiker, Journalisten und Richter inzwischen zum Alltag. In Tripolis wurde dieser Tage sogar der Konvoi der EU-Botschafterin in Libyen gestoppt und ausgeraubt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2013)

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