Deutscher Verfassungsschutz beliefert NSA mit Daten

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Dem Geheimdokument zufolge, das dem NDR und der "SZ" vorliegt, erhält der Inlandsgeheimdienst im Gegenzug Informationen und Spionagesoftware.

Nach Recherchen des Norddeutschen Rundfunks und der "Süddeutschen Zeitung" hat nicht nur der deutsche Auslandsgeheimdienst Bundesnachrichtendienst (BND), sondern auch der Inlandsgeheimdienst - das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) - regelmäßig vertrauliche Daten an die National Security Agency (NSA) in den USA geliefert. Dies gehe aus einem Geheimdokument der deutschen Regierung hervor, das den Redaktionen beider Medien vorliege, hieß es in einer am Freitagabend veröffentlichten Vorabmeldung der "Süddeutschen Zeitung". Dem Papier zufolge habe der Verfassungsschutz allein im vergangenen Jahr 864 Datensätze an die Amerikaner übermittelt.

Vom deutschen Innenministerium war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Dem als geheim eingestuften Papier zufolge liefert der Verfassungsschutz Daten und bekommt im Gegenzug Informationen und Spionagesoftware aus den Vereinigten Staaten, hieß es in dem Bericht. Allein in den vergangenen vier Jahren soll der deutsche Dienst rund 4700 Verbindungsdaten aus den USA erhalten haben. Zudem soll es regelmäßige Treffen zwischen Vertretern der NSA und dem BfV geben. So treffe sich ein NSA-Mitarbeiter angeblich wöchentlich mit deutschen Geheimdienstlern in der "BfV-Liegenschaft Treptow" zum Informationsaustausch. BfV-Analysten wiederum hätten mehrmals Verabredungen mit ihren amerikanischen Kollegen in der NSA-Kaserne "Dagger-Complex" bei Darmstadt gehabt. In den vergangenen vier Jahren sei daraus offenbar eine Partnerschaft zum gegenseitigen Nutzen erwachsen.

"Enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit"

Neben den 864 Datensätzen habe der Verfassungsschutz den Amerikanern laut Dokumenten aus dem Innenministerium "regelmäßig bewertete Sachverhaltsdarstellungen" übermittelt, berichteten die Zeitung und der Sender weiter. An britische Geheimdienste wurden dem NDR zufolge 657 "Datenübermittlungen" im Jahr 2012 gezählt. Auf Anfrage habe der Verfassungsschutz bestätigt, dass es eng mit der NSA zusammenarbeite. Wenn Daten an die Amerikaner geliefert würden, geschehe dies aber nach deutschem Recht.

Die beiden Medien berichteten weiter, dass der deutsche Inlandsgeheimdienst den vorliegenden Unterlagen zufolge auch "eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit" mit acht weiteren US-Diensten unterhalte, etwa der Central Intelligence Agency (CIA) und einer bisher weithin unbekannten Abteilung 15 der US Army Counter Intelligence. Laut eines Jobangebots führe dieser Dienst "offensive Gegenspionage auf der ganzen Welt" durch, der ausgeschriebene Einsatzort sei Stuttgart gewesen.

Behörde: Lieferung nach deutschem Recht

Die Behörde bestätigte auf Anfrage der Medien, dass sie eng mit der NSA zusammenarbeite. Wenn Daten an die USA geliefert würden, geschehe dies aber nach deutschem Recht. In seiner Antwort an den NDR verweist das Bundesamt für Verfassungsschutz zudem darauf, dass es keine Auftragsarbeiten für ausländische Dienste ausführe.

In der NSA-Affäre reist in der kommenden Woche erneut eine Gruppe aus deutschen und EU-Experten nach Washington, um auf weitere Aufklärung zu drängen. Die Delegation werde am Donnerstag und Freitag, 19. und 20. September in den USA Gespräche führen, sagte ein Sprecher des deutschen Innenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) am Freitag in Rom. Friedrich betonte den Angaben zufolge in einem Gespräch mit US-Justizminister Eric Holder, dass Deutschland und Europa "Klarheit" wollten. Es seien weitere Informationen zur Aufklärung der Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA nötig.

(APA/dpa/Reuters)

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