Syrien: UNO beweist Einsatz von C-Waffen

Syrien: UNO beweist Einsatz von C-Waffen
Syrien: UNO beweist Einsatz von C-WaffenREUTERS
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Der Bericht der UN-Experten bestätigt, dass in Damaskus das Giftgas Sarin abgefeuert wurde. Sichergestellte Raketenteile deuten in Richtung des Assad- Regimes.

NEW YORK/AG/RED. Nun ist von der UNO offiziell bestätigt: Bei Angriffen auf Außenbezirke der syrischen Hauptstadt Damaskus am 21. August wurde das Nervengas Sarin eingestezt. Es gebe dafür „klare und überzeugende" Beweise, heißt es in einem Bericht, den der Chef der UN-Inspektoren Ake Sellström am Montag UN-Generalsekretär Ban Ki-moon übergab. Sellström leitet das UN-Expertenteam, das in Syrien nach Spuren von Einsätzen chemischer Waffen gesucht hat. Die Inspektoren nahmen Proben und befragten Zeugen und Überlebende der Attacken.

Der C-Kampfstoff sei mit Boden-Boden-Raketen verschossen worden, heißt in dem Bericht, der Montagabend auch dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt werden sollte. Die „Kriegsverbrecher" nennt Ban Ki-moon nicht beim Namen. Dafür hat die UNO kein Mandat. Doch der sichergestellte Motor einer Rakete, mit der das Giftgas versprüht wurde, deutet auf das syrische Regime. Das Geschoß kommt offenbar aus sowjetischer Produktion, es trägt eine kyrillische Inschrift und die Zahl 179.

Denselben Fund hat die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch" ausgewertet. Sie ist in ihrer Interpretation weitergegangen. Die Zahl 179 steht für eine Fabrik in Nowosibirsk, die die 140mm M-14-Rakete hergestellt hat. Ende der 60er Jahre hat die Sowjetunion Syrien mit dem Waffensystem ausgestattet. Ihre Sprengköpfe können 2,2 Kilogramm Sarin tragen.

Uneinigkeit mit Russland

Experten schätzen, dass Syrien über etwa 1000 Tonnen C-Waffen verfügt. Dabei handelt es sich vor allem um Komponenten des Nervengases Sarin. Um einen US-Militärschlag zu verhindern, ging Syriens Regime zuletzt auf den russischen Vorschlag ein, seine Chemiewaffenbestände unter internationaler Aufsicht zu vernichten.

Wie genau nun die weiteren Schritte der Staatengemeinschaft aussehen werden, ist aber nach wie vor unklar. Am Montag traten erneut Unstimmigkeiten zwischen Russland und den westlichen Ländern im UN-Sicherheitsrat zutage: Die USA, Großbritannien und Frankreich forderten eine „starke und bindende" Resolution zu Syrien im Sicherheitsrat. Sie drohten dem Assad-Regime in Damaskus mit „ernsten Konsequenzen", sollte es seine Zusagen zur Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals nicht einhalten. Washington, London und Paris wollen, dass in der UN-Resolution grünes Licht für einen Militärschlag festgeschrieben wird, sollte Syrien seinen Verpflichtungen nicht nachkommen.

Lawrow kritisiert „Drohungen"

Moskau stieg am Montag aber gleich wieder auf die Bremse. Es werde wohl in dieser Woche keine Syrien-Resolution im Sicherheitsrat mehr zustande kommen, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow nach einem Treffen mit dem ägyptischen Außenminister Nabil Fahmi in Moskau. Lawrow kritisierte das Ansinnen der westliche Staaten, in eine Resolution die Androhung von Gewalt einzubauen. „Dieses Vorhaben zeugt davon, dass sie den Sinn der Sache nicht verstehen."

Russlands Außenminister und US-Außenminister John Kerry hatten sich am Wochenende in Genf auf die weitere Vorgangsweise in der Syrien-Frage geeinigt. Kerry gab danach bekannt, Russland habe zugestimmt, in einer UN-Resolution auf Kapitel VII der UN-Charta Bezug zu nehmen. Kapitel VII regelt internationale „Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen" durch einen Staat oder eine Regierung. Es kann als Legitimation für ein militärisches Eingreifen herangezogen werden. Lawrow dementierte nun aber, dass er seine Zustimmung dazu gegeben habe: Die gemeinsame Erklärung mit den USA sehe keinen Beschluss nach Artikel VII vor.

Russland gehört zu den wichtigsten Verbündeten Assads. Eine weitere Stütze des syrischen Machthabers ist das Regime des Iran. Es versorgt Damaskus mit Kämpfern, Waffen und Nachschub.

Türkei schoss Helikopter ab

Die Türkei hat nach eigenen Angaben einen syrischen Armee-Hubschrauber abgeschossen. Der M-17-Helikopter sei in den türkischen Luftraum eingedrungen. Die Besatzung habe nicht auf Warnungen reagiert, hieß es in Ankara. (Zum Bericht)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2013)

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