Deutschland: FDP muss um Einzug in Bundestag zittern

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Die Liberalen liegen in einer Umfrage bei fünf Prozent. Merkels CDU kommt auf 3 Prozent. Die große Unbekannte ist die euroskeptische AfD.

Fünf Tage vor der Bundestagswahl in Deutschland liegen Schwarz-Gelb und Opposition einer Umfrage zufolge gleichauf. Die liberale FDP muss demnach um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen. Parteichef Philipp Rösler bekräftigte, dass die FDP nach der Niederlage in Bayern jetzt massiv um die Zweitstimme von CDU-Wählern werbe.

Nach wie vor möchte eine Mehrheit der Deutschen einer am Dienstag veröffentlichten Forsa-Umfrage zufolge, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin bleibt, die sich klar gegen eine Wahlhilfe der Union für ihren Koalitionspartner ausgesprochen hat. Die große Unbekannte ist laut Forsa-Chef Manfred Güllner die euroskeptische Alternative für Deutschland (AfD), die weiterhin bei drei Prozent liegt. Allerdings würden sich deren Wähler in Umfragen nicht offen bekennen: "Ihr wahrer Wert ist daher schwer zu ermitteln."

Nach der Erhebung für "stern" und RTL erreichen CDU-FDP (Schwarz-Gelb) und die Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke jeweils 44 Prozent, so dass rechnerisch nur eine Große Koalition oder ein schwarz-grünes Bündnis möglich wäre. Die Union verharrte bei 39 Prozent, auch die SPD liegt unverändert bei 25 Prozent. Wie in der Vorwoche sprachen sich neun Prozent der Befragten für die Grünen und zehn Prozent für die Linkspartei aus. Die FDP büßt einen Punkt ein und kommt auf fünf Prozent.

Für die Umfrage wurden auch am Montag noch Wähler befragt, einen Tag nach dem Debakel der Liberalen in Bayern, wo die FDP mit nur noch drei Prozent aus dem Landtag flog. Das Scheitern in Bayern bedeute aber nicht, dass "das Todesglöcklein" für die FDP geläutet würde, sagte Forsa-Chef Güllner. Auch 1994 und 1998 seien die Liberalen in Bayern klar gescheitert und hätten bei Bundestagswahlen kurz darauf jeweils über sechs Prozent erreicht.

Rösler sagte der "Bild"-Zeitung, es gehe jetzt darum, mit der Zweitstimme für die Liberalen den Fortbestand der schwarz-gelben Koalition zu sichern. "Sollte es für Union und FDP im Bund nicht reichen, kommt keine Große Koalition, sondern es droht Rot-Rot-Grün." Grüne und SPD haben eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei allerdings ausgeschlossen.

Merkel hatte sich am Montag klar gegen eine Wahlhilfe für die Liberalen ausgesprochen. "Die CDU hat keine Stimme zu verschenken. Deshalb kämpfen wir für zwei Stimmen an die CDU", sagte die Parteichefin in Potsdam. Die Zweitstimme entscheidet, wie stark eine Partei im Bundestag vertreten ist. Die Erststimme geht an die Direktkandidaten der Wahlkreise. Bisher war es so, dass Überhangmandate entstanden, wenn eine Partei mehr Direktkandidaten stellte als ihr nach der Zweitstimme zustanden. Da die Überhangmandate aber auch für Ungleichgewichte sorgten, greift ein neues Wahlrecht, das Ausgleichsmandate vorsieht. Dies macht die Zweitstimme noch wichtiger, was bei der Union die Neigung sinken lässt, die FDP über eine Leihstimmenkampagne zu unterstützen.

Merkels Zustimmungswerte stiegen in der Umfrage leicht um einen Punkt auf 53 Prozent. Ihren Herausforderer, SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, hätten demnach 26 Prozent lieber an der Spitze einer neuen Regierung.

Die SPD setzt im Endspurt des Wahlkampfs auf die Unentschlossenen: "30 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben sich in Niedersachsen zum Beispiel erst in den letzten fünf Tagen entschieden", sagte Generalsekretärin Andrea Nahles in Berlin. 15 Prozent hätten sich sogar erst in den letzten 24 Stunden vor Schließung der Wahllokale entschieden. In Niedersachsen wurde im Jänner ein neuer Landtag gewählt, und Rot-Grün löste die schwarz-gelbe Regierung ab. Zur Verstrickung des Grünen-Spitzenkandidaten Jürgen Trittin in den Pädophilie-Skandal seiner Partei erklärte Nahles, Trittin habe gut reagiert: "Aus meiner Sicht ist das damit auch erledigt."

AfD "auch ein bisschen ausländerfeindlich"

Die Grünen verharren in ihrem Umfragetief, was Wahlforscher vor allem darauf zurückführen, dass die Partei unter anderem mit ihren Steuervorschlägen auf die falschen Themen gesetzt hat. Die Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Renate Künast, räumte ein, dass es den Grünen nicht gelungen sei, "den Vorwurf des erhobenen Zeigefingers zu entkräften". Im "Zeit-Gespräch zur Wahl" auf N24 kritisierte Künast zudem die AfD als "anti-europäisch, auch ein bisschen ausländerfeindlich mit einer hohen Aggression". Zu den Umfragen sagte sie, dass die Partei "im Zweifelsfalle um ein, zwei Prozent unterschätzt ist. Da könnten wir noch unser blaues Wunder erleben."

Die AfD hatte Forsa vorgeworfen, sie in den Umfragen absichtlich herunterzurechnen. Gegen AfD-Chef Bernd Lucke hat Forsa deswegen nun eine einstweilige Verfügung erwirkt, wie "Spiegel Online" berichtete. Das Landgericht Köln untersagte Lucke demnach vorläufig, die Behauptung zu verbreiten, dass die AfD in den Rohdaten von Forsa deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde liege. Dass die Partei aber weit mehr Unterstützer haben könnte, als sich dies in den Umfragen widerspiegelt, zeigt eine Spendenaktion vom vergangenen Wochenende. Nach Angaben der Partei kamen binnen 48 Stunden 6000 Spenden zusammen mit einem Gesamterlös von 432.761 Euro.

(AP)

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