Deutschland-Wahl: Die Positionen der Partei

Deutschland-Wahl: Die Positionen der Partei
Deutschland-Wahl: Die Positionen der Partei(c) REUTERS (FABRIZIO BENSCH)
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Die "Presse" stellt die Positionen der Parteien im deutschen Wahlkampf vor.

CDU (40 %)

Konservative Konturen bei Sicherheit

Wenn im deutschen Wahlkampf auch vergleichsweise verhalten über Positionen gestritten wurde, so darf dies nicht zu der Annahme verleiten, dass es bei den inhaltlichen Vorstellungen der Parteien wenige Unterschiede gäbe. Und so sehr die CDU sich in den vergangenen Jahren Ideen anderer Parteien zu eigen gemacht hat (Abschaffung der Wehrpflicht, Atomausstieg, Mindestlohn), so weist zumindest ihr offizielles Programm  konservative Konturen auf.

Dies zeigt sich vor allem bei innerer Sicherheit und Justiz: Im scharfen Kontrast zu ihrem bisherigen Koalitionspartner FDP will die CDU die Antiterrorgesetzgebung vorantreiben: Nach ihrem Wunsch soll es künftig verboten sein, um Sympathien für terroristische Vereinigungen zu werben. Es soll mehr Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen geben; ebenso soll die Cyberabwehr ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang will die CDU auch IT-Firmen per Gesetz zur Zusammenarbeit zwingen. Das Jugendstrafrecht soll verschärft werden, unter anderem mit der Möglichkeit, als Strafe den Führerschein zu entziehen (oder seinen Erwerb zu blockieren).
Im Energiebereich setzt die Union neben erneuerbaren Energien nicht nur auf Gas-, sondern auch auf Kohlekraftwerke. Vom Versuchsballon einer Strompreisbremse, den Umweltminister Peter Altmaier steigen ließ (wegen gestiegener Preise durch die Subventionierung erneuerbarer Energien), ist man rasch wieder abgekommen.

Bei den Themen Arbeit und Pensionen hat sich die Union der SPD angenähert. Sie tritt dafür ein, alle Mindestlöhne, auf die sich die Sozialpartner einigen, als verbindlich zu bestätigen. Auch die CDU tritt für eine Mindestpension von 850 Euro ein.

SPD (27 %)

Zurück zu den Wurzeln: Arbeit im Mittelpunkt

Mit einer ihrer alten Forderungen war die SPD zu erfolgreich: dem gesetzlichen Mindestlohn. Mögen andere Parteien auch Lohnuntergrenze dazu sagen, er findet sich in unterschiedlichen Ausprägungen bei allen Parteien. In der letzten Kabinettsitzung haben Union und FDP tarifliche Mindestlöhne für einzelne Branchen abgesegnet.
Die SPD will aber ein allgemein gültiges Modell: „Meine erste Maßnahme ist ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro“, sagte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Es ist ein zentrales Vorhaben seines 100-Tage-Programms. Auch andere wichtige Punkte betreffen das Thema Arbeit. Im Kern will die SPD eine Rückkehr zu althergebrachten Beschäftigungsverhältnissen. Zeitarbeit soll ebenso zurückgedrängt werden wie befristete Arbeitsverträge, Mini-Jobs und Werkverträge. Vorbei die Zeiten, als es unter Kanzler Gerhard Schröder (1998–2005) die Sozialdemokraten waren, die den Arbeitsmarkt liberalisierten (wofür Kanzlerkandidat Peer Steinbrück früher gekämpft hat).

Auch in einem anderen Bereich „korrigiert“ sich die Gabriel-SPD: Die „Rente mit 67“ will man nur, wenn zumindest die Hälfte der Menschen zwischen 60 und 64 regulär beschäftigt ist. Die SPD fordert eine staatlich garantierte Mindestpension von 850 Euro, Solo-Selbstständige (Unternehmer ohne Mitarbeiter) sollen in die  gesetzliche Pensionsversicherung eingegliedert werden.

Deutlich setzt sich die SPD in der Eurokrise ab: Sie plädiert für einen Schuldentilgungsfonds, in dem alle Staatsschulden über 60 Prozent des BIPs gebündelt werden sollen, versehen mit einer gemeinschaftlichen Garantie. Die von der SPD geforderte europäische Wirtschaftsregierung geht denn auch mit einer gemeinsamen Haftung einher.

Die Grünen (9 %)

Die Suche nach der verlorenen Energiewende

Die Grünen haben es diesmal besonders schwer, inhaltlich durchzudringen, weil ihr großes Thema, die Energiewende, von Kanzlerin Angela Merkel kurzerhand gekapert wurde. Die Grünen versuchen trotzdem weiter, sich beim Thema Energie abzugrenzen bzw. weiter zu gehen als andere. So fordern sie, dass der Bedarf bis 2030 zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien gedeckt wird. Das Problem der dadurch steigenden Strompreise wird langsam auch den Grünen bewusst. Um Privathaushalte zu entlasten, sollen Ausnahmeregelungen bei den Umlagen für die Industrie stark zurückgefahren werden. Das umstrittene Fracking soll bis zum Beweis seiner Unschädlichkeit für die Umwelt verboten werden.

Was Grüne und FDP grundsätzlich trennt (Vorschrift vs. Freiheit), wurde an der Veggie-Day/Kotelett-Debatte sichtbar. In der Europapolitik liegen die beiden Parteien näher beisammen, sofern es nicht um Geld und die von den den Grünen favorisierten Eurobonds geht: Die Ökopartei tritt ebenfalls für einen Verfassungskonvent ein, um das nationalstaatliche Europa zu überwinden. Die Parteienfamilien sollen gemeinsame Spitzenkandidaten aufstellen, aus denen der Kommissionspräsident hervorgeht.

War es 1999 eine rot-grüne Regierung, die – ohne UN-Mandat – im Kosovo intervenierte, so wollen die Grünen eine Beteiligung an Auslandseinsätzen künftig nur bei UN-Mandat. Dieses könne, falls der Sicherheitsrat blockiert sei, aber auch von der Vollversammlung kommen, meinen die Grünen, die dazu freilich erst die UNO reformieren müssten. Die von der Partei geforderte stärkere Schrumpfung von Wehretat und Bundeswehr würde Einsätze wie in Afghanistan ohnehin künftig erschweren.

FDP (5,5 %)

Mehr Freiheit, mehr Datenschutz, weniger Streiks

Deutlich wie keine andere Partei äußert sich die FDP zur Finalität der EU: Den Liberalen schwebt eine politische Union vor, der Weg dorthin soll am besten über einen Verfassungskonvent und eine in der gesamten EU abgehaltene Volksabstimmung führen.
Inhaltlich Auftrieb gegeben hat der traditionellen Datenschutzpartei die NSA-Affäre. Die FDP fordert ein Verbot heimlicher Online-Durchsuchung und will die Datenschutzagenden vom Innenministerium ins Justizministerium ziehen, das sie hofft, auch künftig zu besetzen. Ein Kernanliegen: die Antiterrorgesetzgebung reduzieren.

Sonst wenden sich die Liberalen traditionsgemäß gegen zu feste Regeln: Lohnuntergrenzen ja, aber nur nicht allgemein verbindlich; kein Pensionsversicherungszwang für Selbstständige; keine Mindestpension, dafür aber bessere Modelle privater Vorsorge auch für den „kleinen Mann“, frei wählbarer Pensionsantritt ab 60 mit entsprechendem Abschlag. Freilich gibt es einen Punkt, bei dem die FDP Beschränkungen fordert: beim Streikrecht nämlich.

Die Linke (8,5 %)

Das wird teuer: Die Spendierhosen der Linkspartei

Die Linke kann sich ohne reale Machtoption den Luxus vollmundiger Versprechen leisten. So setzt sie den Mindestlohn gleich bei zehn Euro an (späterer Anstieg auf zwölf), den Hartz-IV-Satz (eine Form des Arbeitslosengelds) bei 500 statt bisher 392, die Mindestpension bei 1050 Euro. Die Arbeitszeit soll auf 30 Stunden sinken. Auch sonst dominieren unrealistische Vorschläge: Banken sollen zum Gemeinwohl verpflichtet werden, Investmentbanking soll es künftig gar nicht mehr geben. In der Verteidigungspolitik gibt man sich ganz pazifistisch, die Bundeswehr soll stark verkleinert werden, alle Auslandseinsätze beendet und Rüstungsexporte verboten werden. Rüstungsfirmen will die Linke auf zivile Produktion umpolen.

Alternative für Deutschland (4 %)

Das Ende des Euro, wie wir ihn kennen

Die „Alternative für Deutschland“ ist neu im Parteienspektrum, und sie hat ein Hauptthema: den Euro. Der soll nämlich in seiner jetzigen Form abgeschafft werden: „Deutschland braucht den Euro nicht“, dekretiert das Parteiprogramm. Die AfD will zur D-Mark zurückkehren, kann sich allenfalls mit einem kleineren Währungsverbund anfreunden, mit einem „Nordeuro“ als Zahlungsmittel. Statt dem Steuerzahler sollen Banken und Hedgefonds die Kosten der Rettungspolitik tragen.
Gesetzgebungskompetenzen sollen von der europäischen zurück auf die nationalstaatliche Ebene verlagert werden. Ultimativer Gesetzgeber soll aber das Volk sein: Die AfD tritt für eine direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2013)

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