Premier Orbán verbannt Obdachlose aus den Innenstädten

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Stadtstreichern drohen Geldbußen und Freiheitsstrafen. Rund 300 Anhänger der Obdachlosen-Initiative „Die Stadt gehört allen“ protestierten am Montagabend gegen das umstrittene Gesetz vor dem Budapester Parlament.

Belgrad/Budapest. Ungarns rechtspopulistische Regierung lässt bei ihrem Feldzug gegen unerwünschte Stadtstreicher nicht locker. Nachdem das Verfassungsgericht vor Jahresfrist die gesetzliche Verbannung von Obdachlosen aus den Innenstädten als verfassungswidrig und unsozial kassiert hatte, änderte Budapest zu Jahresbeginn erst die Verfassung, um nun Armen und Obdachlosen den Aufenthalt in den Innenstädten erneut erschweren zu können.

Zu Wochenbeginn hat die regierende Fidesz-Partei von Premierminister Viktor Orbán zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ein Gesetz verabschiedet, das Obdachlosen unter Androhung von Geld-, Arbeits- und Freiheitsstrafen den Aufenthalt in von den Kommunen festgelegten Innenstadtbereichen oder an zum Weltkulturerbe gehörigen Orten verbietet.

Reaktion der Unesco steht noch aus

Noch ist unbekannt, wie die UN-Organisation Unesco auf die von Budapest betriebene Umwandlung der von ihr als Weltkulturerbe klassifizierten Orte in Ungarn zur obdachlosenfreien Zone reagiert. Die Regierung führe einen „Krieg gegen Arme und Obdachlose“, statt Armut und Obdachlosigkeit zu bekämpfen, kritisierten im Parlament die linken und liberalen Oppositionsparteien. Ihren Aufruf an den Staatspräsidenten János Áder, gegen das Gesetz sein Veto einzulegen, dürfte der langjährige Orbán-Vertraute wohl kaum befolgen.

Demonstration in Budapest

Rund 300 Anhänger der Obdachlosen-Initiative „Die Stadt gehört allen“ protestierten am Montagabend gegen das umstrittene Gesetz vor dem Budapester Parlament. „Armut ist kein Verbrechen“ oder „Geheizte Wohnungen statt Knast“ lauteten die Losungen ihrer Protestplakate.

Die Regierung begründete das Gesetz derweil mit der Sorge um das vermeintliche Wohl der Stadtstreicher: Dieses solle Obdachlose in die Heime zwingen und davon abhalten, im Winter unter freiem Himmel zu schlafen. Allein in der Hauptstadt Budapest wird die Zahl der Obdachlosen auf 8000 bis 12.000 geschätzt. Die Zahl der verfügbaren Betten in Auffangheimen beziffern Wohlfahrtsverbände auf rund 6000. (ros)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2013)

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