US-Budgetstreit: "Wir kommen der Sache näher"

Schumer, Reid, Murray and Durbin address reporters at a news conference in Washington
Schumer, Reid, Murray and Durbin address reporters at a news conference in Washington(c) REUTERS (JONATHAN ERNST)
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Harry Reid und Mitch McConnell haben bei den Verhandlungen Fortschritte erzielt. Offenbar will man das Schuldenlimit bis 7. Februar anheben.

Nach Wochen der totalen Blockade zeichnet sich im politischen Tauziehen um die US-Finanzen ein möglicher Kompromiss ab. Spitzenvertreter von Republikanern und Demokraten arbeiteten gemeinsam an einer Übergangslösung, die den Streit um das Schuldenlimit und den Etat für das laufende Haushaltsjahr vorerst entschärfen könnte. Beide Seiten schlugen am Montag (Ortszeit) überraschend versöhnliche Töne an - man habe "enorme Fortschritte" erzielt, hieß es.

Fortschritte, aber noch nicht am Ziel

Der Chef der Demokraten in der zweiten Parlamentskammer, Harry Reid, sagte, er habe in Verhandlungen mit seinem republikanischen Kollegen Mitch McConnell in der Frage einer Anhebung der Schuldenobergrenze und der Wiedereröffnung von Regierungsbehörden "enorme Fortschritte" erzielt. Eine endgültige Einigung stehe aber noch aus. "Wir sind noch nicht am Ziel."

Einigung schon am Dienstag?

Reid stellte indirekt eine Einigung für Dienstag in Aussicht: "Wir hoffen, dass mit etwas Glück morgen ein schöner Tag sein wird", sagte er. Auch McConnell zeigte sich zuversichtlich. "Man kann klar sagen, dass wir substanzielle Fortschritte erzielt haben und wir freuen uns darauf, in der nahen Zukunft weitere Fortschritte zu erzielen", sagte der konservative Politiker. McConnell (71) und Reid (73) haben ein schwieriges Verhältnis zueinander und liegen nach mehreren politischen Fehden im Clinch.

Die Zeit für einen Kompromiss drängt, denn bis Donnerstag muss die Schuldenobergrenze von derzeit 16,7 Billionen Dollar angehoben werden. Sonst kann die weltgrößte Volkswirtschaft keine neuen Schulden aufnehmen und droht, spätestens Anfang November in die Zahlungsunfähigkeit abzurutschen - mit verheerenden Folgen für die US-Wirtschaft und die Finanzmärkte. Zudem ist die öffentliche Verwaltung des Landes seit zwei Wochen stillgelegt, weil die Regierung ohne verabschiedeten Haushalt arbeitet.

Gelassenheit bei Nobelpreisträger Shiller

Gelassen zeigte sich indes der diesjährige Wirtschafts-Nobelpreisträger Robert Shiller. Der Budgetstreit in Washington sei "nichts Schlimmes". Selbst wenn der Zwist zwischen den Kongresslagern der Demokraten und der Republikaner weiter andauere, sei das "nicht das Ende der Welt". Ein weit größeres Problem sei die zunehmende Ungleich-Verteilung in den USA und weltweit, sagte Shiller. "Darüber müssen wir nachdenken und nicht abwarten", forderte der Wissenschaftler, der an der renommierten Universität Yale lehrt.

Der jüngste Vorschlag zur Lösung des US-Budgetstreits sieht US-Medienberichten zufolge vor, die Regierung bis 15. Jänner zu finanzieren und das Schuldenlimit bis 7. Februar anzuheben. Zunächst war das Datum 15. Februar genannt worden. Beide Seiten würden zudem Budgetverhandlungen abhalten, bevor die als "Sequester" bekannten, flächendeckenden Kürzungen wirksam würden, die mit dem Streit verknüpft werden. Diese würden bis 13. Dezember abgehalten und beendet, um eine erneute Etatkrise nicht zuzulassen.

Änderungen an Obamas Gesundheitsreform

Zudem würden kleinere Änderungen an Präsident Barack Obama Gesundheitsreform vorgenommen, die bereits in Kraft getreten ist. Es wären allerdings nicht mehr die weitreichenden Maßnahmen, mit denen der rechte Flügel der Republikaner versucht hatte, Obamas wichtigstes Sozialgesetz zu blockieren. Im Gespräch waren unter anderem die von Republikanern geforderten Einkommensprüfungen, die verhindern sollen, dass Menschen mit zu hohem Einkommen für ihre Krankenversicherung staatliche Zuschüsse erhalten.

Die Gespräche waren am Montagnachmittag weit genug vorangeschritten, dass ein geplantes Treffen mit Obama und Vizepräsident Joe Biden auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Das sei ein "gutes Zeichen", sagte der demokratische Abgeordnete Chris van Hollen im CNN-Interview. Die Verhandlungsführer müssen die Einigung ihren Parteikollegen verkaufen. Ein Treffen mit Obama könnte besonders auf der Seite der Republikaner eher schädlich wirken, kommentierten Beobachter. Van Hollen sagte, es sei aber noch zu früh, um den Durchbruch zu verkünden. "Wir haben das Kleingedruckte noch nicht gesehen."

Kompromiss noch diese Woche möglich

Es habe einen "sehr konstruktiven Austausch" gegeben, versicherte McConnell und sagte, ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis sei möglich. Er sei "sehr optimistisch", noch diese Woche einen Kompromiss zu finden, sagte der Demokrat Reid. "Wir kommen der Sache näher", wurde Reid auf CNN zitiert. Die Politiker seien einer Einigung so nah wie seit zwei Wochen nicht mehr, beurteilte ein Reporter des Senders MSNBC die Lage. Der Finanzstreit nahm am 1. Oktober seinen Lauf, als das Haushaltsjahr 2014 begann.

Eine weitere Schlüsselfigur bleibt der Republikaner John Boehner. Denn selbst wenn der Senat sich auf einen Gesetzentwurf zum Budget beziehungsweise dem Schuldenlimit einigt, muss Boehner diesen als Parlamentspräsident des Abgeordnetenhauses zur Abstimmung bringen. Bisher hat er sich dem Druck des rechten Flügels seiner Partei gebeugt und Vorlagen verhindert, die ihnen nicht weit genug gingen. Entscheidend dürfte werden, ob Boehner einen solchen Vorschlag in den eigenen Reihen rechtzeitig durchboxen kann.

Ansehen der Parteien gefährdet

Auch das Ansehen beider Parteien steht immer mehr auf dem Spiel. Die Demokraten wollen unbedingt den Eindruck vermeiden, dass die Republikaner aus dem als "Geiselnahme" bezeichneten Vorgehen tatsächlich einen politischen Gewinn schlagen. Umso verzwickter sind die Verhandlungen, und umso schwieriger ist es, den eigenen Wählern mögliche Zugeständnisse letztlich als guten Deal zu vermitteln.

Die republikanischen Senatoren wollten sich am Dienstag erneut zu Gesprächen treffen. Wegen des US-Feiertags zu Ehren von Christoph Kolumbus waren einige Kongressmitglieder am Montag noch im verlängerten Wochenende und nicht in Washington anwesend.

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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