Die Kommunisten wollen in Tschechien wieder regieren

Archivbilds vom Parteichef der tschechischen Kommunisten, Vojtech Filip.
Archivbilds vom Parteichef der tschechischen Kommunisten, Vojtech Filip.(c) EPA
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Sie unterstützen Kuba und Nordkorea und sind für die Benes-Dekrete. Die Kommunisten in Tschechien lösen sich dennoch langsam aus der Isolation.

Ein Sieg der Linken scheint bei der Parlamentswahl in Tschechien kommende Woche bereits eine ausgemachte Sache. Unklar ist aber noch, wie die künftige Regierungskoalition aussehen wird. Erstmals könnten seit der Wende 1989 die Kommunisten an der Regierung beteiligt sein. Eine von der Kommunistischen Partei geduldete sozialdemokratische Minderheitsregierung ist als reale Variante im Gespräch.

Die Kommunistische Partei Böhmen und Mährens (KSCM) ist die Nachfolgepartei der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSC). Im Vergleich zu den Kommunistischen Parteien der übrigen ehemaligen Ostblockländer gilt sie als wenig reformfreudig. Sie weigert sich das Wort "kommunistisch" aus ihrem Namen zu streichen, wie Kritiker immer wieder fordern.

Partei unterstützt Kuba und Nordkorea

Zwar hat sich die Partei für die Verbrechen des kommunistischen Regimes vor 1989 pauschal entschuldigt, jedoch keine nähere Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit vorgenommen. Kritiker fordern daher seit Jahren eine klarere Distanzierung von der Vergangenheit. Nach wie vor unterstützt die Partei die Regime in Kuba und Nordkorea. Zum Tod von Vaclav Havel verweigerten einige kommunistische Abgeordnete sogar die Teilnahme an der Gedenkfeier im Parlament.

Trotzdem genießt die Partei in Teilen der Bevölkerung nach wie vor großes Ansehen. Bei den letzten Wahlen im Jahr 2010 kam sie auf 11,27 Prozent der Stimmen. Bei den Regionalwahlen 2012 wurde die Partei mit 20,4 Prozent sogar zur zweitstärksten Kraft des Landes. In aktuellen Umfragen liegt die Partei meist auf Platz zwei hinter den Sozialdemokraten und schwankt zwischen 12 und 18 Prozent. Als Mehrheitsbeschafferin käme sie dadurch für die Sozialdemokraten durchaus in Frage.

Von anderen Parteien ausgeschlossen

Trotzdem blieb die Partei bisher politisch isoliert. Alle Parteien lehnen eine direkte Regierungskoalition aus. Allerdings rückt die Sozialdemokratische Partei (CSSD) zunehmend davon ab und koalierte bereits auf regionaler Ebene seit 2008 mit den Kommunisten. In der nordböhmischen Region Usti (Aussiger Kreis) stellt die KSCM seit 2012 sogar den Kreishauptmann. Auf gesamtstaatlicher Ebene wird eine Zusammenarbeit bisher durch einen Parteibeschluss aus dem Jahr 1995 ausgeschlossen. Eine CSSD-Minderheitsregierung mit Unterstützung der Kommunisten ist jedoch für die Sozialdemokraten denkbar.

Erklärtes Ziel der KSCM ist nach wie vor der "Sozialismus, eine demokratische Gesellschaft von freien und gleichberechtigten Bürgern". Sie fordert den Austritt aus der NATO. Der EU gegenüber ist sie äußert kritisch eingestellt, fordert aber nicht den Austritt Tschechiens aus der Union. Ein wichtiges Thema ist für die Partei traditionell die sogenannten "Benes-Dekrete", da sie jegliche Eigentumsforderungen der nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Sudetendeutschen vehement ablehnt.

Parteisymbol sind heute nicht Hammer und Sichel sondern ein Paar roter Kirschen. Angespielt wird damit auf das französische Chanson "Le Temps des cerises" (Die Zeit der Kirschen) aus dem Jahr 1866, das mit der Zeit der Pariser Kommune assoziiert wird.

Trauer über den Tod von Kim Jong-il

Seit 2005 ist der Budweiser Anwalt Vojtech Filip Parteichef. Filip, der selbst 1983 der Kommunistischen Partei beigetreten ist, gilt als Vertreter des "pragmatischen" Flügels des Partei. Für internationales Aufsehen sorgten seine Äußerungen anlässlich des Todes von Vaclav Havel. Der Parteichef erklärte seine tiefe Trauer über den Tod eines "großen Führers, meinte damit aber keineswegs Havel sondern den zeitgleich verstorbenen nordkoreanischen Diktator Kim Jong-il.

Die Partei hat mit 55.000 Mitglieder die größte Mitgliederbasis unter allen tschechischen Parteien, auch wenn die Mitgliederzahlen kontinuierlich zurückgehen. 1992 waren es noch 350.000, 1998 140.000, heute sind es 55.000. Ein Grund dafür ist das hohe Alter der Mitglieder. Das Durchschnittsalter der Parteimitglieder stieg seit 2008 von 70 auf 75 Jahre. Trotzdem scheint die Wählerschaft nicht wie von manchen prognostiziert auszusterben, die Partei könnte bei den Wahlen kommende Woche erneut an Stimmen zulegen.

(APA)

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