„US-Schulden sind in Dollar. Und die USA kann Dollar drucken“

 Nobelpreisträger Roger Myerso
Nobelpreisträger Roger Myerso(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

„Presse“-Gespräch. Nobelpreisträger Roger Myerson macht sich keine Sorgen wegen der hohen Staatsschulden der USA.

Wien. Default, Zahlungsunfähigkeit, Bankrott: Im Zusammenhang mit dem Streit um die Schuldengrenze in Washington fallen diese Worte immer wieder. Auf den ersten Blick scheint das auch logisch. Aber wenn eine Ratingagentur wie Fitch die Herabstufung der USA androht, dann nicht, weil ein Default wirklich zu befürchten ist. Eher, weil man sich um den Wert des Dollar sorgt.

„Das US-Debt-Limit ist ein juristisches Limit für die Menge an Anleihen, die das Finanzministerium begeben kann. Die US-Regierung verschuldet sich aber in Dollar. Niemand sollte sich also Sorgen machen, ob die USA ihre Schulden zurückzahlen können. Warum? Die Schulden sind in Dollar und die US-Regierung hat das Recht, diese zu drucken. Wir werden vielleicht Inflation haben. Aber wir werden die Schulden sicher zurückzahlen“, erklärt der US-Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Roger Myerson im Gespräch mit der „Presse“.

Myerson wurde am Dienstag von der ökonomischen Fakultät der Uni Wien (nicht zu verwechseln mit der Wirtschafts-Uni) mit der „Oskar-Morgenstern-Medaille“ ausgezeichnet. Den Preis der Schwedischen Reichsbank erhielt er 2007 für seine Leistungen auf dem Gebiet der Spieltheorie.

Wie sieht die Nachfrage aus?

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, es gibt einen bedeutenden Unterschied zu Europa: Wenn Griechenland seine Schulden nicht bedienen kann, bleibt kurzfristig nur die Bitte um Hilfe aus dem Ausland und mittelfristig ein harter Sparkurs. Die europäischen Länder haben wegen des Euro keinen direkten Zugang zur Notenpresse der Zentralbank mehr.

Das ist auch der Hauptgrund für die anhaltende Popularität des Euro in den südlichen Ländern. Spanier, Italiener und Griechen kennen die Übel der Inflation nur zu gut – weil ihre Politiker vor dem Euro die Notenpresse besonders gern eingesetzt haben.

Im Fall der USA und des Dollar sorgt sich Myerson aber trotzdem nicht. Der internationale Status der Weltwährung sei intakt. „Natürlich hat das Drucken von neuem Geld durch die Federal Reserve (US-Notenbank, Anm.) reale Kosten. Aber die Frage ist: Wie sieht die Nachfrage nach dem Geld aus? Die Dollar, die von der Fed gedruckt wurden, um mehrere Billionen an US-Schulden aufzukaufen, diese Dollar zirkulieren ja schon. Die Leute entscheiden sich, sie halten zu wollen. Sie wollen Dollar halten. Dass sie neues Geld gedruckt haben, es aber nicht zu einer schweren Inflation gekommen ist, bedeutet, dass es eine Nachfrage nach diesen Dollar gibt“, so Myerson.

Lücke in der Schuldenmauer

Nicht, dass die immer wiederkehrende Debatte um die Schuldengrenze hilfreich sei. Tatsächlich ist es die Schuldengrenze, die im Extremfall einmal für einen Staatsbankrott der USA sorgen könnte, so Myerson. Die Chance dafür sei zwar extrem gering – aber doch vorhanden.

„Wenn die Staatsschulden von der Schuldengrenze auf eine bestimmte Zahl begrenzt werden, baut das eine Mauer zwischen zwei Teilen der US-Regierung auf: zwischen dem Finanzministerium und der Federal Reserve. Die ist zwar unabhängig, aber dennoch Teil der Regierung. Ihre Chefs werden von der Regierung ernannt. Die Rechnungen bezahlt das Finanzministerium.“ Daher kommt auch die immer wiederbelebte Idee von der „Trillion-Dollar-Coin“. (Eine englischsprachige „Trillion“ entspricht einer deutschsprachigen „Billion“ – also 1000 Milliarden.)

Die Idee sieht vor, dass das US-Finanzministerium, statt neue Schulden zu begeben, einfach eine Platinmünze mit dem Nennwert von einer Billion Dollar prägt. Eine solche Münze wäre legal. Der Finanzminister könnte sie bei der Fed in eine Billion Dollar in Scheinen eintauschen.

Myerson nennt diese Idee „lächerlich“ und fügt hinzu, dass US-Präsident Obama bisher keine Anstalten gemacht hat, diese Münzoption zu nutzen. Aber weit entfernt von der Art, wie die USA sich derzeit finanzieren, wäre der Münztrick auch nicht. Es würde bloß eine andere Institution das Gelddrucken übernehmen. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.