Leonarda darf zurückkommen

Leonarda darf zurueckkommen
Leonarda darf zurueckkommen(c) REUTERS (HAZIR REKA)
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Die Abschiebung einer kosovarischen Schülerin sorgt in Frankreich für landesweite Proteste. Nun bietet ihr Präsident Hollande die Rückkehr an.

Paris.„Die Familie Dibrani kommt nicht nach Frankreich zurück“ – und auch nicht deren 15-jährige Tochter Leonarda. Innenminister Manuel Valls von der Parti socialiste (PS) wollte in einem Interview mit dem „Journal du Dimanche“ gern einen Schlusspunkt unter die Polemik um die Abschiebung dieser kosovarischen Roma-Familie setzen.

Die Kritik mehrerer Regierungs- und Parteikollegen lässt ihn kalt. Er beruft sich auf einen Untersuchungsbericht, der ihm bescheinigt, dass bei der Festnahme von Leonarda alles legal gelaufen sei – auch wenn seit Mitte der Woche Tausende von Mittelschülern demonstrieren und sich prominente Linke weiter empören. Doch Valls weiß, dass er eine schweigende Mehrheit hinter sich hat. Drei Viertel seiner Mitbürger billigen sein Vorgehen gegen die Roma-Familien aus Osteuropa, das sich kaum von der Politik seiner rechten Vorgänger unterscheidet. Laut einer Befragung wollen 64 Prozent nicht, dass Leonarda, die für die Abschiebung bei einem Ausflug vor ihren Klassenkameraden aus einem Schulbus geholt war, nach Frankreich zurückkommen darf.

Dabei hat die Jugendliche eine persönliche „Einladung“ von Staatspräsident François Hollande bekommen. Allerdings gilt dieses Entgegenkommen, das wie eine Geste des schlechten Gewissens anmutet, nur für Leonarda allein, nicht aber für den Rest der Familie, die sich jetzt im albanischen Teil von Mitrovica (Kosovo) aufhält. Leonarda sagt, sie kenne dieses Land und seine Sprache überhaupt nicht. Für die Behörden in Paris ist die Rechtslage klar: Die Familie war 2009 aus Italien illegal nach Frankreich eingereist, hatte erfolglos die Anerkennung als Flüchtlinge beantragt und alle Beschwerdemittel ausgeschöpft.

Angebot von Hollande

Französische Medien haben in den letzten Tagen diverse kompromittierende Gerüchte über den angeblich gewalttätigen Familienvater verbreitet, der sich schon zuvor in Frano in Italien geweigert habe, zu arbeiten. Vor Kameras hat er eingeräumt, dass er bei seinem Asylantrag in Frankreich geschummelt habe. In Mitrovica erklärt er, er werde so oder so nach Frankreich zurückreisen. Dass er dabei erwähnt, er brauche dafür rund 20.000 Euro, tönte fast wie ein provokativer Spendenaufruf. Doch dafür können die Kinder nichts. Leonarda hat indessen den französischen Fernsehteams unmissverständlich gesagt, sie wolle nur zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern zurück nach Frankreich, wo sie sich zu Hause fühle.

Unter den gegebenen Bedingungen könne sie darum Hollandes Angebot, ihre Schulzeit in Pontarlier (Ostfrankreich) zu beenden, nicht akzeptieren. Hollande selbst deckt seinen Innenminister, möchte aber auch, dass alle wissen, dass er die „Emotionen, vor allem in Jugend“ für durchaus „legitim“ hält.

Die in Frankreich aktiven Gruppen von Lehrern, Eltern und Schülern des Netzwerks „Erziehung ohne Grenzen“ (RESF) haben die Schule vor Jahren zu einer Schutzzone erklärt. Der Polizei soll es untersagt werden, vor den Schultoren mit gezielten Kontrollen „Jagd“ auf jene ohne Papiere zu machen. Mehrfach haben RESF von der Ausweisung bedrohte Jugendliche versteckt. „Das sind unsere Schüler, unsere Kinder oder die Kameraden unserer Kinder. Wenn sie einer schändlichen Abschiebung entrinnen wollen, werden wir ihnen helfen“, steht in einer Petition, die just von den französischen Sozialisten unterzeichnet wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2013)

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