Ströbele: Snowden will in Deutschland aussagen

Ströbele: Snowden zu Gespräch in Deutschland bereit
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Der Enthüller Edward Snowden will laut dem deutschen Politiker Hans-Christian Ströbele nicht auf russischem Boden aussagen: "Er kann sich vorstellen, nach Deutschland zu kommen."

Der in Russland untergetauchte Enthüller Edward Snowden ist bereit, Deutschland bei der Aufklärung des NSA-Skandals zu helfen. Snowden sei bereit, nach Deutschland zu kommen, um dort auszusagen, sagte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele nach einem Treffen mit Snowden. In einem am Freitag verbreiteten Schreiben Snowdens heißt es: "Ich freue mich auf ein Gespräch mit Ihnen in Ihrem Land, sobald die Situation geklärt ist, und danke Ihnen für Ihre Bemühungen, das internationale Recht zu wahren, das uns alle beschützt."

Das Schreiben, eine unautorisierte Übersetzung, war nicht direkt adressiert, sollte aber Bundesregierung, Bundestag und Generalbundesanwalt zukommen, wie Ströbele deutlich machte. Der Grünen-Politiker war zuvor mit Snowden in Moskau zu einem dreistündigen Gespräch zusammengekommen.

Snowden will laut Ströbele möglichst nicht vor deutschen Vertretern auf russischem Boden aussagen. "Da hat er bisher erhebliche Vorbehalte, die ich nicht näher erklären darf oder will", sagte Ströbele, der Snowden am Donnerstag überraschend in Russland getroffen hatte, am Freitag in Berlin.

Freies Geleit für Snowden

Ströbele betonte, Snowden sei aber offen für andere Varianten: "Er kann sich vorstellen, nach Deutschland zu kommen." Dazu müsse allerdings gesichert sein, dass Snowden danach in Deutschland oder in einem vergleichbaren Land bleiben könne und dort in Sicherheit sei. Eine Möglichkeit wäre, dem Amerikaner von deutscher Seite freies Geleit zu gewähren, sagte Ströbele. "Wenn das geklärt und geregelt ist, wäre er bereit, herzukommen."

Snowden habe außerdem erklärt, am liebsten würde er vor einem Gremium des US-Kongresses aussagen. Das Kernanliegen des Enthüllers sei, Straftaten und Fehlentwicklungen bei den Nachrichtendiensten in den USA zu stoppen und die Rechte der Bürger zu schützen.

An die Zuständigen

Ich wurde gebeten, Ihnen bezüglich Ihrer Untersuchung zur Massenüberwachung zu schreiben. Ich heiße Edward Joseph Snowden und war früher vertraglich bzw. über eine Direktanstellung als technischer Experte bei der National Security Agency (NSA), der Central Intelligence Agency (CIA) und der Defense Intelligence Agency (DIA) der Vereinigten Staaten beschäftigt.

Im Zuge meiner Beschäftigung in diesen Einrichtungen wurde ich Zeuge systematischer Gesetzesverstöße meiner Regierung, die mich aus moralischer Pflicht zum Handeln veranlassten. Als Ergebnis der Veröffentlichung dieser Bedenken sah ich mich ich einer schwerwiegenden und anhaltenden Hetze ausgesetzt, die mich zwang, meine Familie und meine Heimat zu verlassen. Ich lebe derzeit im Exil und genieße befristetes Asyl, das mir die Russische Föderation gemäß internationalem Recht gewährt.

Ich bin ermutigt von der Resonanz auf mein politisches Handeln, sowohl in den USA als auch anderswo. Bürger auf der ganzen Welt und auch hohe Amtsträger – einschließlich der Vereinigten Staaten – haben die Enthüllungen zu einem System der allumfassenden Überwachung, das niemandem Rechenschaft schuldig ist, als einen Dienst an der Öffentlichkeit beurteilt. Diese Spionage-Enthüllungen zogen viele Vorschläge zu neuen Gesetzen und Richtlinien nach sich, die auf den vormals verdeckten Missbrauch des öffentlichen Vertrauens abzielten. Der Nutzen für die Gesellschaft aus diesen gewonnenen Erkenntnissen wird zunehmend klarer; gleichzeitig wurden die in Kauf genommenen Risiken sichtlich vermindert.

Obwohl das Ergebnis meiner Bemühungen nachweislich positiv war, behandelt meine Regierung Dissens nach wie vor als Treuebruch und strebt danach, politische Meinungsäußerung zu kriminalisieren und unter Anklage stellen. Dennoch: Die Wahrheit auszusprechen ist kein Verbrechen. Ich bin zuversichtlich, dass die Regierung der Vereinigten Staaten mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft diese abträgliche Haltung ablegen wird. Ich hoffe, dass ich, wenn die Schwierigkeiten dieser humanitären Lage beigelegt sind, in der Lage sein werde, mich an der verantwortungsvollen Aufklärung der Sachverhalte bezüglich der in den Medien getätigten Aussagen, insbesondere im Hinblick auf Wahrheit und Authentizität der Berichte, angemessen und gesetzesgemäß zu beteiligen.

Ich freue mich auf ein Gespräch mit Ihnen in Ihrem Land, sobald die Situation geklärt ist und danke Ihnen für ihre Bemühungen, das internationale Recht zu wahren, das uns alle beschützt. Mit besten Grüßen

gez. Edward Snowden
bezeugt durch Hans-Christian Ströbele

Quelle: NTV

-- > Hier geht's zum englischen Original.

USA bestehen weiter auf Auslieferung

Angesichts von Forderungen nach Asyl für Edward Snowden in Deutschland haben die USA weiter auf einer Auslieferung des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters bestanden. Gegen Snowden laufe in den Vereinigten Staaten ein Strafverfahren wegen der Weitergabe vertraulicher Informationen, sagte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates von Präsident Barack Obama am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. "Er sollte so schnell wie möglich in die USA zurückgeschickt werden." In seiner Heimat werde er ein "rechtsstaatliches Verfahren" bekommen.

Grüne fordern Aufenthalt für Snowden

Die Parteichefin der deutschen Grünen, Simone Peter, hat die Regierung aufgefordert, sich für einen sicheren und ständigen Aufenthalt von Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden in Deutschland stark zu machen. "Edward Snowden hat Deutschland und Europa einen Riesendienst erwiesen", sagte Peter am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Ihm sollte Schutz, Sicherheit und dauerhafter Aufenthalt in Deutschland gewährt werden.

"Es stünde der Bundesregierung gut zu Gesicht, dies zu gewähren." Nach Worten des Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, der Snowden in Moskau traf, könnte sich dieser vorstellen, nach Deutschland zu kommen.



Snowden hat nach Angaben seines Anwalts noch keine offizielle Anfrage aus Deutschland zur US-Ausspähaffäre um Bundeskanzlerin Angela Merkel erhalten. Es gebe "weder Schreiben, noch Bitten noch Anträge" sagte Anatoli Kutscherena am Freitag der Agentur Itar-Tass zufolge. Snowden dürfe aber sein Wissen preisgeben, ohne Vereinbarungen mit den russischen Behörden brechen. "Ich kann mit Sicherheit sagen, dass er sich damit nicht selbst schadet", sagte der kremlnahe Kutscherena. Der 30-jährige Snowden hatte im Gegenzug für vorläufiges Asyl in Russland zugesichert, keine neuen Geheimnisse zu enthüllen.

(APA/dpa)

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