Diplomatie: Wien bietet sich für Iran-Gipfel an

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Staatssekretär Reinhold Lopatka reiste nach Teheran, um wenigstens einen Teil der Atomgespräche von Genf an die Donau zu holen. Der Iran lud auch Präsident Heinz Fischer zum Staatsbesuch ein.

Wien. Viel Wasser ist die Donau hinuntergeflossen, seit der Wiener Kongress vor fast 200 Jahren Bühne und Ballsaal für die bahnbrechende Neuordnung der postnapoleonischen Welt abgegeben hat. Wenn im Genfer „Palast der Nationen“, auf neutralem Schweizer Terrain, am Donnerstag die zweite Runde der Atomgespräche der UN-Vetomächte (plus Deutschland und der EU) mit dem Iran beginnt, weckt dies nun auch die Begehrlichkeiten der Erben Metternichs, Österreich als diplomatische Drehscheibe ins Spiel zu bringen. Wien als Standort der UNO-City und obendrein Sitz der Atomenergiebehörde, so das Kalkül im Außenamt, das hätte durchaus Charme: Als Bühne für die heiklen Atomverhandlungen wäre Wien geradezu ideal.

Staatssekretär Reinhold Lopatka begab sich deshalb am verlängerten Feiertagswochenende bis zum gestrigen Montag eigens zu einer geheimen Mission nach Teheran. Dort bot er der iranischen Führung an, die nächsten Atomverhandlungen, alternierend mit Genf, in Wien abzuhalten. Das erklärte Lopatka im Telefoninterview mit der „Presse“. Er habe die Idee vergangene Woche schon dem iranischen Vizeaußenminister in Wien unterbreitet. Dieser habe ihm geraten, die Initiative in Teheran vorzustellen.

Bei seinen Unterredungen habe er den Eindruck gewonnen, dass der Iran ernsthaft bemüht sei, Fortschritte in den Atomverhandlungen zu erzielen, erklärte Lopatka, der in Teheran mit Außenminister Mohammad Javad Zarif und anderen hochrangigen Vertretern der Islamischen Republik zusammengetroffen war. „Wir sind bereit, uns als Vermittler einzubringen“, sagte der Staatssekretär. Kritik kam von „Stop the Bomb“. Lopatka setze Österreichs Avantgarderolle mit der „Hofierung des Teheraner Regimes“ fort.

Bonus im Paria-Staat

Dass Lopatka das Treffen des iranischen Präsidenten, Hassan Rohani, mit Österreichs Staatsoberhaupt, Heinz Fischer, am Rande der UN-Generalversammlung in New York würdigte, rief in Teheran besondere Resonanz hervor. Prompt erwiderte der Iran die Einladung Fischers zu einem Staatsbesuch Rohanis – dessen Tochter übrigens in Österreich lebt – mit einer Gegeneinladung. Es wäre nicht der Erste in der 34-jährigen Geschichte des Mullah-Regimes: Auf höchster Ebene besiegelten Kurt Waldheim und Thomas Klestil – Letzterer gleich zwei Mal (1999 und 2004) – die österreichisch-iranische Freundschaft mit einer Teheran-Visite. Und das zu einem Zeitpunkt, als der Iran international in die Isolation abglitt. Seither genießt die Alpenrepublik im Paria-Staat am Persischen Golf einen Bonus.

In den vergangenen Wochen hatten bereits zwei österreichische Politiker das Terrain für Lopatka in Teheran aufbereitet. Hannes Swoboda, der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, und Ex-Verteidigungsminister Werner Fasslabend als Präsident der österreichisch-iranischen Gesellschaft loteten im Iran die neuen politischen Konstellationen nach dem Machtwechsel im Präsidentenamt im Sommer aus – in der Rolle von „Eisbrechern“, wie Swoboda twitterte.

Im „Presse“-Gespräch betonte Lopatka, sein Eindruck in Teheran sei geteilt. So bemüht die iranische Führung in der Atomfrage wirke, Kritik an Menschenrechtsverletzungen stoße auf taube Ohren. Diese Ambivalenz zieht sich seit den Zeiten Mohammed Khatamis, des sanften Reformerpräsidenten mit dem Faible für den „Dialog der Zivilisationen“, wie eine rote Linie durch die Beziehungen zwischen Wien und Teheran. Khatami war stets gern gesehener Gast bei Symposien in Wien, und Außenminister Spindelegger pflegte die Tradition: Trotz internationalen Widerstands wegen des eskalierenden Nuklearkonflikts empfing der Außenminister seine iranischen Amtskollegen Mottaki und Salehi.

Nur wirtschaftlich gestalteten sich die Kontakte nicht so ersprießlich. Ließ Teheran zu Ehren der österreichischen Gäste im Park des Golestanpalasts die Ouvertüre von Mozarts „Zauberflöte“ erklingen, verlor sich das ambitionierte „Nabucco“-Projekt der OMV im Sand der persischen Wüste. Der Vorvertrag über eine Gasförderung im Volumen von 30 Milliarden Dollar war bereits unterzeichnet, da machte der Sanktionsdruck aus Washington den OMV-Bossen aus Schwechat einen Strich durch die Rechnung. Österreichs Exporte nahmen seither stetig ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2013)

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Staatssekretär Lopatka bot dem Iran Wien als Atomverhandlungsort an. Gut so. Jetzt heißt es nur, beim Teppichausrollen nicht das Rückgrat zu verlieren.

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