Ungarn: „Morgenröte“ für neue Neonazi-Partei

HUNGARY PARTIES JOBBIK REVOLUTION ANNIVERSARY
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Nach dem Vorbild Griechenlands gründete der frühere Jobbik-Politiker András Kisgergely eine Partei am äußerst rechten Rand, die sich revisionistisch und antizionistisch geriert.

Budapest. Ungarns rechtsradikale Parlamentspartei Jobbik hat Konkurrenz bekommen. Unlängst kündigte der ehemalige Jobbik-Politiker András Kisgergely an, eine neue Partei mit dem Namen Ungarische Morgenröte zu gründen. Vorbild der neuen rechtsextremen Kraft ist die griechische Neonazi-Partei Goldene Morgenröte.

Kisgergely und seine Mitstreiter haben sich ambitiöse Ziele auf ihre Fahne geschrieben: Sie reden nicht nur einem freien Waffenbesitz das Wort, sondern wollen auch dafür kämpfen, die „ungarischen Territorien“ zurückzuerlangen, die Ungarn nach dem Ersten Weltkrieg durch den Friedensvertrag von Trianon verlor. Ein weiterer Programmpunkt: Sie wollen dem „kolonialisierenden Zionismus“ den Kampf ansagen. Darum wird die Partei an diesem Wochenende eine „Demonstration gegen die Holocaust-Industrie“ in Budapest abhalten.

Gebot der „Rassenreinheit“

Auf die Frage der linksliberalen Wochenzeitung „HVG“, ob auf die Ungarische Morgenröte das Etikett „neonazistisch“ zutreffe, antwortete Kisgergely jüngst ziemlich eindeutig: „Sie können mich nennen, wie Sie wollen, ich beschäftige mich nicht damit. Wir definieren uns als ungarische und christliche nationalsozialistische Bewegung.“ Bei der Rekrutierung von Mitgliedern gilt das Gebot der „Rassenreinheit“: Die Mitglieder müssten ein „ungarisches und weißes Identitätsbewusstsein“ mitbringen. Um dies zu beweisen, wird von ihnen unter anderem verlangt, ihre Stammbäume offenzulegen. Die Forderung dabei: Alle vier Großeltern müssen lupenreine Magyaren sein.

Die Ungarische Morgenröte wolle nicht denselben Fehler begehen wie Jobbik, sagte Kisgergely. Zur Erinnerung: Im Vorjahr stellte sich heraus, dass der damalige Jobbik-Vizechef Csanád Szegedi jüdische Wurzeln hat. Der Fall Szegedi sorgte bei Jobbik damals zu massiven Misstönen. Als Ergebnis der Richtungskämpfe schloss die Jobbik-Führung unter Parteichef Gábor Vona mehrere Politiker des radikalen Flügels aus der Partei aus, darunter auch András Kisgergely.

Dieser schwor daraufhin Rache. So will er Jobbik nicht nur die radikalen Wähler abspenstig machen, sondern auch die Nachfolgeverbände der 2009 rechtskräftig verbotenen paramilitärischen Organisation Ungarische Garde. Mehr noch: Die Ungarische Morgenröte will vor der Parlamentswahl im Frühjahr Schmutzwäsche waschen.

Für Jobbik eine „Juxpartei“

Jobbik konterte, dass die Ungarische Morgenröte eine „Juxpartei” sei, die gerade einmal zehn Mitglieder habe und ausschließlich darauf aus sei, als registrierte Partei in den Genuss von millionenschweren Staatsgeldern zu kommen. Wie der Politologe Attila Juhász gegenüber „HVG“ erklärte, spiegelt die Gründung der Ungarischen Morgenröte einen seit Jahren bestehenden Riss im Lager der radikalen Rechten wider. Für viele Rechtsradikale in Ungarn, darunter zahlreiche Mitglieder der ehemaligen Ungarischen Garde, habe Jobbik als Parlamentspartei (seit 2010) zuletzt sehr viel von ihrer Radikalität eingebüßt. Angesichts dieser Situation will sich die Ungarische Morgenröte, die weit radikaler ist als Jobbik, sozusagen in die Bresche werfen, so Juhász.

Der Umstand, dass die Ungarische Morgenröte die Politarena betreten hat, scheint nun aber auch jenen Stimmen zu widersprechen, die behaupten, dass Premier Viktor Orbán und seine nationalkonservative Regierungspartei Fidesz den äußersten Rand des rechten politischen Spektrums abdecken und der radikalen Rechten die Luft zum Atmen nehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2013)

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