Entführter Islamkritiker: „Der Staat hat vollkommen versagt“

Ägypten. Publizist Abdel-Samad schildert sein Martyrium.

Kairo. Der deutsch-ägyptische Publizist Hamed Abdel-Samad hat eine Wochen nach seiner Entführung in Kairo schwere Vorwürfe gegen die ägyptischen Behörden erhoben. „Der Staat hat vollkommen versagt, was meine Sicherheit betrifft“, erklärte der Islamkritiker gegenüber „Spiegel Online“.

Abdel-Samad dementierte Berichte, wonach er am Tag der Entführung freiwillig auf Leibwächter verzichtet habe. „Es gab eine Zusage, Personenschutz zu gewähren, von dem Moment an, als ich ägyptischen Boden betrat.“ Bei seiner Ankunft habe es dann aber geheißen, er werde nur bei offiziellen Terminen begleitet, einen Rund-um-die-Uhr-Schutz durch die ägyptischen Behörden würde es nicht geben.

Der 41-Jährige hatte im Vorjahr wegen seiner Kritik am „religiösen Faschismus“ im zeitgenössischen Islam Morddrohungen erhalten. Seine Entführer seien aber keine radikalen Islamisten, sondern „gewöhnliche Kriminelle“ gewesen, erklärte Abdel-Samad nun in dem Interview. „Es geht um einen Geschäftspartner, der mir seit 2011 Geld schuldet.“ Die Entführer hätten ihn gezwungen, mehrere Papiere zu unterschreiben.

Zuvor hatten ihn die Männer in Kairo in einen weißen Minibus gezerrt, mit einer Pistole bedroht und geschlagen. „Halt's Maul! Ein Wort und du bist tot“, habe einer der Entführer gesagt. Während der zweitägigen Geiselnahme an einem unbekannten Ort nahe Kairo sei er gezwungen worden, mehrere Dokumente zu unterzeichnen.

Nach seiner Freilassung erlitt Abdel-Samad einen Nervenzusammenbruch in einem Hotel. Mittlerweile ist er wieder in Deutschland: „Ich will meine Ruhe, ich bin mit meinen Kräften am Ende.“ (ag.) [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2013)

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