Terror in Syrien: Islamisten nehmen Nonnen als Geisel

Kloster in Maalula
Kloster in MaalulaEPA
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Radikale Rebellen okkupieren christlichen Wallfahrtsort Maalula, verwüsten christliche Dörfer und hindern Bewohner an der Flucht.

Christen in Syrien sind zunehmend wehrlos dem islamistischen Terror ausgesetzt. Am Wochenende besetzten radikale islamistische Rebellen erneut die christliche Stadt Maalula. Im berühmten orthodoxen St.Thekla-Frauenkloster wurden die Oberin und die älteren Nonnen, die dort ausharrten, von Mitgliedern der radikalen "Jabhat al-Nusra" als Geiseln genommen.

Vor der Einnahme des Klosters waren die jüngeren Nonnen und die Waisenmädchen in Sicherheit gebracht worden, hieß es in einem Bericht aus der Region. Die jungen Milizionäre, teils Ausländer, hätten begonnen, das historische Kloster (5./6. Jahrhundert) zu zerstören.

Die syrische Sozialministerin Kinda al-Shammat appellierte nach einer Mitteilung der Ökumenischen Stiftung "Pro Oriente" an die internationale Gemeinschaft, auf jene Staaten Druck auszuüben, die mit den islamistischen Milizionären im Bund stehen, um die Freilassung aller "von den Terroristen gefangen genommenen Geiseln" zu erreichen. Maalula mit seinen Klöstern ist ein bekannter christlicher Wallfahrtsort, in dem heute noch die Sprache Jesu, das Aramäische, gesprochen wird.

Zivilisten als menschliche Schutzschilder

Vor Maalula hatten die Islamisten die Kleinstadt Deir Atieh nördlich von Damaskus in ihre Gewalt gebracht. Wie griechisch-orthodoxe Quellen der vatikanischen Nachrichtenagentur "Fides" berichteten, waren die islamistischen Kämpfer bereits am 22. November in die Stadt gekommen. Sie drangen in das öffentliche Krankenhaus ein und nahmen die Patienten in Geiselhaft. Das Museum mit seinen zahlreichen archäologischen Funden und kostbaren Werken wurde verwüstet, Moscheen und Kirchen beschädigt. Viele Privatwohnungen wurden geplündert und Zivilisten als menschliche Schutzschilder benutzt.

Viele der rund 25.000 Einwohner wollten aus Deir Atieh fliehen. Doch die - möglicherweise unter Drogeneinfluss stehenden - Rebellen kontrollierten die Ausweise derer, die aus der Stadt weg wollten, und hielten diejenigen fest, die einen christlichen Namen tragen. In Deir Atieh hatten auch Hunderte Einwohner des rund 90 Kilometer von Damaskus entfernten Bergdorfes Qara Zuflucht gesucht, das ebenfalls von Islamisten überfallen worden war.

Unter den Flüchtlingen aus Qara befand sich auch der griechisch-katholische Priester George Louis mit seiner Gemeinde. Pater Louis berichtete laut "Pro Oriente" im Gespräch mit "Fides": "Maalula, Sednaya, Sadad, später Qara und Deir Atieh, und nun Nebek: Bewaffnete Jihadisten gehen überall gleich vor, sie nehmen einen Ort ins Visier, fallen ein, morden, stecken die Häuser in Brand und zerstören alles. Für Zivilisten, Christen und Nichtchristen wird das Leben zunehmend schwieriger. Die ausländischen Milizen handeln unabhängig von der syrischen Opposition der Freien Syrischen Armee (FSA)."

Louis verwies insbesondere auf die Ereignisse in Qara in der zweiten November-Hälfte. Seit Monaten herrschte dort ein "Status quo" unter einer "halbautonomen" Verwaltung im stillen Einvernehmen zwischen der FSA und der regulären Armee. Es gab keine Gefechte, obschon die Stadt von der FSA kontrolliert wurde. Der Staat sorgte für Strom- und Wasserbetrieb. Doch die Lage kippte, als über 3.000 Jihadisten aus dem sunnitischen Dorf Arsal, einer Hochburg bewaffneter Gruppen, einfielen und das Städtchen in ein Schlachtfeld verwandelten. Die wenigen FSA-Soldaten hätten sich zurückgezogen. Die rund 6.000 Bewohner suchten Zuflucht in benachbarten Dörfern.

"Wir bringen euch Christen alle um"

Doch die Christen in Qara, deren Mitglieder vorwiegend in der Altstadt wohnten, wollten die Stadt nicht verlassen. Louis: "Es wurden Raketen auf Häuser abgefeuert und in den Straßen wurde geschossen. Mit rund 35 christlichen Familien haben wir uns in der Kirche versteckt, um dort zu beten. Auch die Pforte der Kirche wurde unter Beschuss genommen und aufgebrochen. Maskierte 'Kämpfer' drangen ein, bei denen es sich nicht um Syrer handelte und es war nicht zu erkennen, welcher Nationalität sie waren. Sie drohten: Wir bringen euch Christen alle um!" Man werde "diesen götzendienerischen Ort abfackeln".

Ein Gemeindemitglied sprach darauf hin mit dem Anführer der Gruppe und zitierte Verse aus dem Koran, wobei er betonte, dass der Islam Christen respektiere. "Der Mann wollte seinen Befehlshaber fragen, was er mit uns machen solle, und verließ mit seinen Leuten das Gebäude", so Pater Louis. Der Priester konnte mit seinen Gläubigen die Kirche verlassen, die dann wie andere Flüchtlinge nach Atieh aufbrachen. Bei der Ankunft wurden sie dort von den Einheimischen herzlich empfangen. Doch auch Atieh sollte zur Zielscheibe von Jihadisten werden.

Pater Louis berichtete, er sei mit den Mitgliedern seiner Gemeinde, nach Tagen des Versteckens in Kellern, ohne Wasser und Lebensmittel, nach Sadad weitermarschiert, eine ebenfalls bereits verwüstete Stadt. Dort wurden sie von der syrisch-orthodoxen Gemeinde herzlich aufgenommen. Bei den sogenannten "Kämpfern" handle es sich um Extremisten aus dem Ausland, die nur Hass und Gewalt und verbreiten wollen, betonte der griechisch-katholische Priester: "Sie gehören nicht zur FSA."

(APA)

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