Arafat doch nicht vergiftet?

Palästinenser gedachten ihrem ehemaligen Präsidenten Jassir Arafat an seinem neunten Todestag Ende November.
Palästinenser gedachten ihrem ehemaligen Präsidenten Jassir Arafat an seinem neunten Todestag Ende November.(c) REUTERS
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Französische Experten sagen, Arafat sei nicht vergiftet worden. Andere Forscherteams kamen zu teils anderen Ergebnissen.

Der frühere Palästinenserführer Jassir Arafat ist nach Ansicht französischer Experten nicht durch den radioaktiven Stoff Polonium vergiftet worden. Die von der französischen Justiz beauftragten Experten schlössen eine Vergiftung aus, verlautete am Dienstag aus mit den Ermittlungen in Nanterre bei Paris vertrauten Kreisen. Vielmehr weise vieles auf eine natürliche Todesursache hin.

Der französische Sender France Inter berichtete, die Experten seien zu dem Schluss gekommen, dass Arafat "an Altersschwäche" in Folge eines schweren Infekts gestorben sei. Die Staatsanwaltschaft von Nanterre wollte die Angaben zum französischen Untersuchungsbericht am Dienstag zunächst nicht kommentieren.

Arafat war im November 2004 in einem Militärkrankenhaus bei Paris im Alter von 75 Jahren gestorben, die Todesursache blieb unklar. Die Palästinenser vermuten, dass Arafat von Israel vergiftet wurde, was Israel vehement zurückweist. Arafats Witwe Suha erstattete 2012 in Nanterre Anzeige gegen Unbekannt wegen Mordes.

Zuvor hatten Schweizer Experten berichtet, sie hätten in Proben aus den persönlichen Sachen Arafats eine erhebliche Konzentration des radioaktiven und hochgiftigen Stoffs Polonium nachgewiesen. Polonium war 2006 verwendet worden, um den früheren russischen Spion Alexander Litwinenko in London zu ermorden.

Drei Wissenschaftlerteams untersuchten Proben

Im Zuge der Ermittlungen ließen französische Ermittlungsrichter im November 2012 die sterblichen Überreste Arafats in Ramallah exhumieren und untersuchen. Rund 60 Proben der Exhumierung wurden zu Untersuchungen an drei unabhängig voneinander arbeitende Wissenschaftlerteams in Frankreich, der Schweiz und Russland übergeben.

Die Schweizer Experten erklärten dann vor rund einem Monat, in den sterblichen Überresten Arafats seien bis zu 20 Mal höhere Polonium-Werte gemessen worden als üblich. Dies deute darauf hin, dass Arafat das Gift "von außen" zugeführt worden sei. Es könne aber nicht zweifelsfrei gesagt werden, "dass das Polonium die Todesursache war". Die offizielle Veröffentlichung der russischen Expertise steht noch aus.

Arafats Witwe zeigte sich angesichts der widersprüchlichen Experten-Aussagen betroffen. "Ich bin sehr erschüttert durch diese Widersprüche", erklärte Suha Arafat am Dienstag. "Was sollen wir glauben?" Zugleich betonte Suha Arafat, dass sie niemandem die Schuld am Tod ihres Mannes gebe.

(Ag.)

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