Ukraine: Demonstranten stürzen Lenin-Statue

Gestürzte Lenin-Statue
Gestürzte Lenin-StatueREUTERS
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Zehntausende Menschen demonstrieren in der Ukraine für den Rücktritt von Präsident Janukowitsch und dessen Regierung.

Bei erneuten Massenprotesten in Kiew haben mehrere Zehntausend empörte Ukrainer für einen Rücktritt der Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch demonstriert. Auf Plakaten und in Sprechchören forderten die Anhänger der proeuropäischen Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko am Sonntag sofortige Neuwahlen in der früheren Sowjetrepublik. Die Demonstranten haben auch die Statue des sowjetischen Revolutionsführers Wladimir Lenin gestürzt. Das teilte die ukrainische Polizei am Sonntag mit.

Bei eisigen Temperaturen auf dem Unabhängigkeitsplatz (Majdan) der Hauptstadt schwenkten die Demonstranten auch EU-Fahnen und sangen die ukrainische Hymne. Die Opposition gab die Zahl der Teilnehmer zunächst mit mindestens 500.000 an. Beobachter sprachen von etwa 100.000 Menschen kurz nach Beginn der Kundgebung. Mit der Demonstration unter dem Motto "Marsch der Million" wollen die Regierungsgegner nach mehr als zweiwöchigen Protesten neuen Druck auf die prorussische Führung ausüben.

Janukowitsch hatte ein Abkommen über eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Union auf Druck Russlands gestoppt und zuletzt mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin über billigere Gaslieferungen verhandelt.

Warnung vor "Provokationen"

Das Innenministerium in Kiew warnte vor "Provokationen" gegen die Sicherheitskräfte. Ausschreitungen würden streng bestraft. Die Popsängerin Ruslana rief die Demonstranten zum Durchhalten auf. "Der Majdan ist heute nicht nur ein Platz der Unabhängigkeit, sondern auch ein Platz der Hoffnung", sagte die Siegerin des Eurovision Song Contests von 2004 ("Wild Dances").

Klitschko hatte die Regierungsgegner am Vorabend noch einmal zu einer regen Teilnahme aufgerufen. "Mehr als eine Million Menschen müssen Präsident Viktor Janukowitsch klarmachen, dass er unsere Bedingungen erfüllen muss", sagte der 42-Jährige. Dazu gehöre auch die Freilassung der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko. "Wer nicht in einem Polizeistaat leben will, sondern in einem modernen Land, sollte nicht gleichgültig bleiben", betonte Klitschko.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Europäische Volkspartei (EVP) wollen Klitschko dem Hamburger Magazin "Der Spiegel" zufolge durch gemeinsame Auftritte stärken. Geplant sei, den Boxer zum Oppositionsführer und Gegenkandidaten von Präsident Janukowitsch aufbauen, hieß es. Eine Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Dem Bericht zufolge ist geplant, dass Klitschko beim nächsten Treffen der EVP-Staats- und Regierungschefs in Brüssel Mitte Dezember auftritt. Der deutsche Europaabgeordnete Elmar Brok von der EVP hatte die ukrainische Führung erst am Vortag bei einem Auftritt in Kiew zu einem europäischen Kurs aufgefordert. "Herr Präsident Viktor Janukowitsch, hören Sie auf Ihr Volk!", hatte Brok appelliert.

Der polnische Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski warf der EU unterdessen Naivität vor im Umgang mit der Ukraine. Bereits seit Sommer sei klar gewesen, dass Russland das Assoziierungsabkommen zwischen Brüssel und Kiew torpedieren werde, sagte Kwasniewski dem "Spiegel". Der Westen habe die Entschlossenheit des russischen Präsidenten Wladimir Putin unterschätzt - er habe aber auch das unterschätzt, was sich in Kiew abspiele. Die Führung um Präsident Janukowitsch habe keine Strategie und wolle nur überleben. Kwasniewski hatte mit dem früheren Präsidenten des Europäischen Parlaments, Pat Cox, zuletzt EU-Gespräche mit der Ukraine geführt.

(APA/dpa)

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