Italien: Mit Schlagstock und Eiern gegen den Sparkurs

Proteste in Mailand
Proteste in MailandAPA/EPA/MOURAD BALTI TOUATI
  • Drucken

In Mailand kam es am Montag erneut zu gewaltsamen Protesten - diesmal protestierten die Schüler. Seit Tagen legen Anti-Regierungs-Proteste die Metropolen des Landes lahm.

Auch am Montag verwandelten gewaltsame Demonstrationen norditalienische Städte in einen kriegsähnlichen Zustand. In Mailand legte erst ein Streik der öffentlichen Verkehrsmitteln die Metropole lahm, am Nachmittag kam es dann bei Demonstrationen von Schülern zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Die Angestellten der Verkehrsbetriebe protestierten gegen Privatisierungen, die Schüler gegen Kürzungen. Besonders heftig ging es vor dem Sitz der lombardischen Regionalregierung zu: Die Jugendlichen bewarfen Polizisten, die das Gebäude schützten, mit Eiern und Farbe. Einige Schüler versuchten in das Gebäude zu gelangen, dabei kam es zu Zusammenstößen mit den Polizisten. Mehrere Schüler und Polizisten wurden dabei verletzt.

Indes hat Italiens Präsident Giorgio Napolitano am Montag vor sozialen Unruhen im Land gewarnt. Die Gefahr, dass es wegen der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Situation zu gewaltsamen Revolten im Land komme, sei konkret, warnte Napolitano bei einer vorweihnachtlichen Feier mit den höchsten Vertretern der staatlichen Institutionen in Rom.

Rechtsradikale bei Mistgabel-Bewegung

Die Demonstranten betonten, nicht mit der "Mistgabel"-Bewegung zu tun zu haben, die seit einer Woche das Land lahm legt. In mehreren Städten protestierten in den vergangenen Tagen Studenten, Kleinunternehmer, Vertreter von Agrarbetrieben und Lkw-Fahrer gegen den Sparkurs der Regierung oder gegen zu hohe Steuern. Bei den teilweise gewaltsamen Protesten waren auch zunehmend Anti-Brüssel-Parolen zu hören sowie Forderungen, aus dem Euro auszutreten. Unter die Demonstranten hatten sich auch rechtsradikale und linksradikale Gruppierungen gemischt.

Eskaliert waren die Proteste am Wochenende: Da war es in mehreren italienischen Städten zu Zusammenstöße mit der Polizei gekommen. In Turin warfen Studenten Farbbeutel auf Polizisten. Vor der Vertretung der EU-Kommission in Rom marschierten rechtsgerichtete Demonstranten mit italienischen Flaggen und weißen Schlingen um den Hals auf und rissen die EU-Flagge nieder.

Wut und Frust auf Regierung

Was genau die Demonstranten wollen, ist unklar. Hinter der Bewegungen stecken mehrere Gruppierungen, die nur lose oder gar nichts miteinander zu tun haben. "Geboren" ist der Protest ursprünglich in Sizilien, als "Aufstand" der kleineren und mittleren Agrarbetriebe, später schlossen sich auch die Fernfahrer an, die gegen zu hohe Besteuerungen protestierten. Die Proteste richten sich auch gegen die Gewerkschaften.

Kommentatoren interpretierten die Proteste zuletzt als Ausdruck einer kaum noch kontrollierbaren Wut auf Institutionen, die Regierung und die Politik im allgemeinen, die die nicht endenden wollende Wirtschaftskrise nicht in Griff bekommt. Das einst boomende Euroland hat inzwischen mit 41 Prozent eine der höchsten Jugendarbeislosenraten Europas, immer mehr Menschen schaffen es nicht, mit ihrem Gehalt zum Monatsende zu kommen."Wir wollen unseren Protest fortsetzen, bis diese delegitimierte Regierung nicht nach Hause geht", sagte Danilo Calvani, einer der Koordinatoren  der Demonstranten.

Grillo und Berlusconi freuen sich

Am Mittwoch wollte die "Mistgabel" Bewegung eigentlich eine Riesendemonstration in Rom organisieren, aus Angst vor gewaltigen Ausschreitungen sind aber inzwischen einige Gruppen abgesprungen.

Ermunterung und Zustimmung bekommen die Demonstranten übrigens von den beiden mächtigsten Oppositionspolitikern Italiens - Silvio Berlusconi und Beppe Grillo. Doch auch mit ihnen wollen sie nichts zu tun haben.

(basta)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.