Wulff-Prozess steht vor dem Aus

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Der Ex-Präsident hat es fast geschafft: Sein Korruptionsfall könnte schon im Jänner eingestellt werden - wegen fehlender Beweise und "mangelnder Relevanz".

Berlin. Ein schöneres Weihnachtsgeschenk hätte sich Christian Wulff kaum wünschen können: Das Landgericht in Hannover will den Korruptionsprozess gegen den zurückgetretenen deutschen Bundespräsidenten vorzeitig einstellen. Mehr der Ordnung halber werden Anfang Jänner noch weitere Zeugen gehört, dann soll Schluss sein.

Richter Frank Rosenow begründete seine „Zwischenbilanz“ am Donnerstagnachmittag mit der „mangelnden strafrechtlichen Relevanz“ der Vorwürfe. Eine bewusste Entgegennahme von Vorteilen war bisher nicht festzustellen. Auch wenn die Staatsanwälte den Vorschlag des Richters ablehnen, auch wenn eine Einstellung nur gegen Geldbuße denkbar ist: Es sieht sehr nach Freispruch aus.

Die befürchtete Zitterpartie bis in den April bleibt damit wohl allen erspart. Es geht bei dem Fall um ein Münchner Oktoberfestwochenende im Jahr 2008, zu dem der Filmproduzent David Groenewold den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten eingeladen hat – als Freund oder um sich Unterstützung für ein Filmprojekt zu erkaufen, das gilt es vor Gericht zu klären. Um eine „Vorteilsnahme“ im Wert von rund 750 Euro nachweisen zu können, lud die Staatsanwaltschaft viel Personal als Zeugen vor: Rezeptionisten vom Bayerischen Hof, Wiesn-Wirtinnen, Kindermädchen und Leibwächter.

Aber niemand konnte sich so recht an das Wochenende in Stress und Feiertrubel erinnern. Die Freunde Wulffs, die mit von der Partie waren, entlasteten ihn: seine Exfrau Bettina, der Verleger Hubert Burda und dessen Frau, die Schauspielerin Maria Furtwängler.

Wulff könnte also bald sein Ziel erreichen: die vollständige Rehabilitierung und Wiederherstellung seiner Ehre. Vor dem Prozess lehnte er ein Angebot der Staatsanwälte ab, das Verfahren gegen 20.000 Euro Strafe einzustellen. War Wulff Opfer einer Medienkampagne? Diese Diskussion wird sich verstärken. Dagegen erinnern Kommentatoren deutscher Leitmedien an Wulffs Urlaube bei reichen Freunden, Halbwahrheiten und „Salamitaktik“ als Reaktion auf Vorwürfe und seinen Drohanruf bei „Bild“ – all das mag nicht gerichtsfest sein, habe ihn aber als Staatsoberhaupt moralisch diskreditiert. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2013)

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