Linksallianz mit vereinter Kraft gegen Premier Viktor Orbán

(c) EPA (ZSOLT SZIGETVARY)
  • Drucken

Die Sozialisten, die Liberalen und zwei andere Linksparteien schlossen ein Wahlbündnis gegen den nationalkonservativen Fidesz.

Budapest. Das schier unendliche Hickhack im Lager der ungarischen Linken hat ein Ende. Nach einem monatelangen Tauziehen konnten sich die wichtigsten Parteien des linken Spektrums doch noch auf eine Wahlallianz einigen. Aus Sicht der Linken war es allerhöchste Zeit, findet doch die Parlamentswahl voraussichtlich schon im April statt.

Die Linksallianz umfasst vier Parteien: die Sozialisten (MSZP), das von Ex-Premier Gordon Bajnai (2009–2010) geführte Parteibündnis „Gemeinsam-Dialog für Ungarn“, die von Ex-Regierungschef Ferenc Gyurcsány (2004–2009) gelenkte Partei Demokratische Koalition (DK) und die Ungarischen Liberalen. Die vier Parteien verständigten sich darauf, auf einer gemeinsamen Landesliste und in den 106 Einzelwahlkreisen mit gemeinsamen Kandidaten in die Wahl zu gehen.

Spitzenkandidat Attila Mesterházy

Die Landesliste wird von MSZP-Chef Attila Mesterházy angeführt, der damit Spitzenkandidat der Wahlallianz und Herausforderer von Ministerpräsident Viktor Orbán sein wird. Hinter Mesterházy folgen Gordon Bajnai, Ferenc Gyurcsány und der Chef der Ungarischen Liberalen, Gábor Fodor.

Die Bildung eines breiten linken Wahlbündnisses war vor allem deshalb notwendig, weil die Regierungspartei Fidesz 2011 ein völlig neues Wahlsystem geschaffen hatte. Unter anderem hatte die Regierungspartei beschlossen, das Parlament zu verkleinern. Statt bisher 386 werden ab der nächsten Legislaturperiode 199 Abgeordnete in der Legislative sitzen. Doch was besonders wichtig ist: 106 der 199 Volksvertreter werden in den Einzelwahlkreisen ermittelt, die restlichen 93 Volksvertreter werden über die Landeslisten der Parteien gewählt. Das heißt, dass die Wahl nicht zuletzt in den Einzelwahlkreisen entschieden wird. Ziehen die linken Kräfte in den Wahlkreisen nicht an einem Strang, hat der Fidesz gleichsam freie Bahn.

Die Linksallianz muss sich am Riemen reißen, will sie dem nationalkonservativen Fidesz bei der Wahl zumindest auf Augenhöhe begegnen. In den Meinungsumfragen liegt der Fidesz haushoch voran. Experten schließen selbst eine neuerliche Zweidrittelmehrheit für die Regierungspartei nicht aus.

Ex-Premier Gyurcsány polarisiert

Der größte Hemmschuh für die Bildung eines Wahlbündnisses war Gyurcsány. Der Ex-Premier scheidet die Geister. Während seine Befürworter in ihm den einzigen charismatischen Linkspolitiker sehen, betrachten ihn seine Kritiker als gescheiterten Politiker, der das Land heruntergewirtschaftet und die Bürger hinters Licht geführt hat. In seiner berüchtigten „Lügenrede“ hatte Gyurcsány 2006 gestanden, dass er die Wähler jahrelang belogen hatte. Laut einer Umfrage gaben 72 Prozent der Ungarn an, dass sie einer linken Landesliste, auf der auch Gyurcsánys Name stehen würde, ihre Stimme verweigern würden.

Bei der ersten Pressekonferenz der Spitzen der vereinten Linken sagte MSZP-Chef Mesterházy, dass es in Ungarn drei Krisen gebe: „eine soziale, eine wirtschaftliche und eine demokratische Krise“. Weil die Regierung Orbán gegen diese drei Krisen nichts unternähme, sei ein Regierungswechsel unumgänglich. Ferenc Gyurcsány betonte, dass Mesterházy, zu dem er seit Jahren ein äußerst gespanntes Verhältnis hat, ein „guter Ministerpräsident“ sein werde. Gordon Bajnai wiederum erklärte, dass es das Ziel des Linksbündnisses sei, aus Ungarn wieder ein „normales, demokratisches Land“ zu formen.

Der Fraktionschef der Regierungspartei Fidesz, Antal Rogán, bezeichnete die Linksallianz als „neue Gyurcsány-Koalition“. Rogán warnte davor, dass angesichts der Beteiligung des Ex-Premiers an der Wahlallianz die Gefahr einer Neuauflage der verheerenden „Gyurcsány-Ära“ bestehe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.