Trotz Demonstrationsverbot gingen wieder Zehntausende auf die Straße. Dabei bekam nicht nur die Regierung Gegenwind zu spüren.
Bei neuen Massenprotesten gegen die prorussische Führung in der Ukraine hat der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko erstmals selbst Gegenwind von den Demonstranten bekommen. Bei der Kundgebung mit Zehntausenden Regierungsgegnern auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan, in Kiew buhten am Sonntag zahlreiche Oppositionelle den Ex-Boxweltmeister aus. Die prowestliche Opposition in der Ukraine ist tief gespalten. "Wir brauchen einen Anführer, der uns heute und jetzt zum Sieg führt. Wir brauchen einen Namen", sagte Dmitri Bulatow als einer der führenden Köpfe der seit Wochen andauernden Straßenproteste.
Als Chef seiner Partei Udar (Schlag) forderte Klitschko erneut vorgezogene Präsidentenwahlen, um Staatschef Viktor Janukowitsch abzulösen. Unter Protest auch der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko hatte das Parlament zuvor mehrere umstrittene Gesetze gegen Regierungsgegner verabschiedet.
Verschärfung der Gesetze gegen Andersdenkende
Menschenrechtler kritisierten diese Verschärfung der Gesetze gegen Andersdenkende als schwersten Rückschritt in der Ex-Sowjetrepublik seit Jahren. "Diese Veränderungen sind ein ernster Schlag gegen die grundlegenden Freiheiten", sagte die Ukraine-Expertin der Organisation Human Rights Watch (HRW), Julia Gorbunowa, einer Mitteilung vom Samstag zufolge. So steht erstmals seit 2001 wieder Verleumdung unter Strafe. Einschnitte gibt es auch beim Demonstrationsrecht und für die Internetnutzung.
Staatschef Janukowitsch hatte die von der Opposition um Klitschko als "Knebel-Gesetze" kritisierten Neuerungen am Freitag in Kraft gesetzt. Auch die Bundesregierung, die EU und die USA hatten die vom Parlament in Kiew im Eiltempo durchgepeitschten Gesetze kritisiert
HRW forderte die Abgeordneten auf, die Neuerungen aufzuheben. Es habe weder eine Lesung der Texte noch eine Debatte gegeben. Die Sitzung habe 20 Minuten gedauert, sagte Gorbunowa. Bei Blockaden von Verwaltungsgebäuden etwa drohen nun bis zu fünf Jahre Haft. Die Demonstranten halten seit mehr als einem Monat das Bürgermeisteramt und das Gewerkschaftshaus besetzt.
(APA/dpa)