EU vor Aussetzung der Sanktionen gegen den Iran

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Rat der EU-Außenminister dürfte heute in Brüssel Teile der Sanktionen gegen Teheran wegen dessen Atomprogramms suspendieren.

Brüssel. Heute, Montag, stehen die Außenminister der EU-Mitgliedstaaten bei ihrem Treffen in Brüssel vor einer ungewöhnlich brisanten Entscheidung: Es geht darum, ob die EU die seit Jahren aufrechten politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen gegen den Iran wegen dessen Atomprogramms suspendiert oder nicht. Generell wird ein Ja erwartet, es könne aber in der Diplomatie immer etwas dazwischenkommen, hieß es aus Diplomatenkreisen.

Irans neuer Präsident Hassan Rohani fuhr ab Sommer des Vorjahres einen immer konzilianteren Kurs gegenüber dem Westen im Atomstreit – wohl auch angesichts der schweren Bürde von UN-Sanktionen seit 2006 und weiterer internationaler Strafmaßnahmen, die Irans Wirtschaft schwer beschädigten. Seit etwa zwölf Jahren wurde der Iran verdächtigt, vor allem seitens der USA und Israels, im Rahmen eines lange verheimlichten zivilen Atomprogramms Kernwaffen zu bauen.

Iran ging die Luft aus

Seit November sagte der Iran aber den fünf Vetomächten des Sicherheitsrates sowie Deutschland (der 5+1-Gruppe) zu, seine Urananreicherungsanlagen und andere nukleare Einrichtungen vorerst herunterzufahren; vor allem solle kein neues Uran erzeugt (angereichert) werden, dessen Gehalt an spaltbaren Uran-235-Atomen größer als fünf Prozent ist; das reicht für Brennstäbe in Atomkraftwerken, für Atomwaffen braucht man auf mindestens 90 Prozent U-235-Gehalt angereichertes Material. Vorhandene Bestände an 20-prozentig angereichertem Uran sollen wieder abgereichert werden.

Der Iran sagte zuletzt zu, die Anreicherung für sechs Monate auszusetzen. Dafür erhält er vorerst im Gegenzug einige Milliarden Dollar iranischer Gelder, die im Ausland eingefroren wurden. Am Samstag kamen Inspektoren der UN-Atomenergiebehörde IAEA in Teheran an, um zu prüfen, ob der Iran seine Versprechen eingehalten hat. Die IAEA will darüber am Montag in Brüssel den EU-Ministern Bericht erstatten, zuletzt gab es keine Hinweise darauf, dass der Bericht negativ ausfallen könnte. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wird daher danach die Minister fragen, ob sie dem vor ihnen liegenden Beschluss mit der Nummer 2013/0452 (NLE) zustimmen. Dieser setzt einen Teil der EU-Sanktionen gegen den Iran für sechs Monate aus.

USA auf Bremsertour

EU-Diplomaten sehen in dem Beschluss, bei dem die Aussetzung der Hochanreicherung von Uran mit der Aussetzung von Sperren der Petrochemie-Einfuhren, Finanztransaktionen und der Erlaubnis zu Rohöltransporten abgegolten wird, einen wichtigen ersten Schritt auf dem Weg zu einem weitreichenderen Abkommen mit dem Iran.

Die USA haben freilich zuletzt einen hohen Diplomaten auf Tour durch mehrere europäische Hauptstädte (darunter Wien) und in die Türkei geschickt, um dort gegen eine zu starke Aufweichung der Sanktionen zu werben. In den USA wiederum hat Präsident Barack Obama alle Hände voll zu tun, um notfalls per Veto zu verhindern, dass der vor Kurzem ausgehandelte Aktionsplan zur Lösung des Atomstreits durch weitere US-Sanktionen torpediert wird. (DPA/APA/wg)

HINTERGRUND

2002 flog auf, dass der Iran ein verborgenes Atomprogramm hatte. Beteuerungen, es sei für friedliche Zwecke, fruchteten wenig, da viele Indizien auftauchten, die für Interesse an Atomwaffen sprechen. Immer härtere Sanktionen wurden auf internationaler Ebene (etwa der UN) gegen den Iran verhängt, die diesen arg trafen. Der neue Präsident Rohani fuhr seit Sommer 2013 einen Entspannungskurs. Nun sieht es so aus, dass Iran seine Nuklearanlagen abstellt und Sanktionen suspendiert werden. Ziel ist ein „Globalabkommen“, eventuell noch heuer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2014)

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