Italien: Silvio Berlusconi ist zurück

Feierte ein rasches Comeback: Italiens verurteilter Ex-Premier Berlusconi
Feierte ein rasches Comeback: Italiens verurteilter Ex-Premier BerlusconiAPA/EPA/ETTORE FERRARI
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Zwei Monate nach seiner Verbannung aus dem Parlament mischt der Medienmagnat wieder mit: Nun soll er das Wahlrecht reformieren.

Silvio Berlusconi ist zurück. Keine zwei Monate ist es her, dass der wegen Steuerbetrugs rechtskräftig verurteilte Ex-Premier aus dem Parlament verbannt wurde. Und schon spielt er in der italienischen Politik wieder eine tragende Rolle: Gemeinsam mit dem neuen Linksdemokraten-Chef Matteo Renzi will der Medienmagnat nun das derzeit heißeste Eisen der römischen Innenpolitik anpacken: Die Reform des Wahlrechts und der Verfassung.

Reform der "Schweinerei"

Dieses Turbo-Comeback  hat Berlusconi also ausgerechnet der verhassten „Linken“ zu verdanken: Der Florentiner Bürgermeister Matteo Renzi hatte den Medienmagnaten am Wochenende in das Hauptquartier seiner Partei geladen, um mit ihm das Paket auszuverhandeln. Nach zwei Stunden präsentierten die beiden derzeit wohl mächtigsten Politiker des Landes eine Einigung.

Einige Punkte wurden am Montag vorgestellt: Erreicht ein Wahlbündnis 35 Prozent oder mehr, erhält es einen Bonus, der es auf 53 bis 55 tragen soll. Damit will man und heterogene, instabile Koalitionen vermeiden. Kommt kein Bündnis auf 35 Prozent, ist eine Stichwahl vorgesehen. Zudem sind neue Hürden für Einzelparteien (acht Prozent) und Bündnisse (zwölf Prozent) geplant.

Seit Jahren versuchen italienische Politiker, das komplizierte Wahlrecht zu reformieren. Das auch als „Schweinerei“ (Porcellum) apostrophierte Gesetz wird für die instabilen politischen Verhältnisse mitverantwortlich gemacht, da es klare Mehrheiten in beiden Kammern verhindert. Das Gesetz ließ übrigens einst Berlusconi verabschieden – um eine stabile Regierung seines Erzfeindes Romano Prodi zu verhindern, wie der Gesetzestext-Verfasser später selbst zugab.

„Wir haben in den letzten drei Wochen das geschafft, was die anderen in zehn Jahren nicht hingekriegt haben“, feiert sich nun Renzi – und präsentiert indirekt Berlusconi als Italiens neuen Top-Reformer.

Renzi, der Pragmatiker

Hinter der Taktik des 39-Jährigen, der als Querdenker seine  Partei gerade auf den Kopf stellt, steckt ein extrem pragmatisches Kalkül: Renzi weiß genau, dass ohne Berlusconi nichts geht. Nicht nur zieht der Cavaliere im gesamten Mitte-rechts-Lager weiterhin die Fäden. Seine neu gegründete Partei Forza Italia kann derzeit laut Umfragen mit 22 Prozent der Stimmen rechnen – und ist somit hinter den Linksdemokraten die zweitpopulärste Partei des Landes

Doch Renzis Pragmatismus stößt auf gespaltene Reaktionen: Die Regierung Letta dürfte wenig erfreut sein, dass sie von Renzi einfach übergangen wurde. Und auch bei den Linksdemokraten sprechen mehrere von „Skandal“, weil sich Renzi mit „dem Verurteilten“ paktiert. Andere jubeln hingegen, dass nun der „Krieg“ zwischen Links und Rechts zu Ende sei. Und auch Zeitungskommentatoren begrüßen die „neue Ära“, die Renzi eingeleitet habe.

Berlusconi dürfte sich freuen. Einerseits wird sich der Top-Manager seine Zugeständnisse wohl einiges kosten lassen. Aber vor allem: Von seiner Verurteilung – und seinem Verbot, für politische Ämter zu kandidieren – spricht keiner mehr. Statt Verfassungen zu reformieren sollte der Cavaliere derzeit eigentlich seine Strafe abbüßen – im Hausarrest oder als Sozialdienstler. Aber das hat noch Zeit: Mit Berlusconis Strafe will sich die Justiz erst in den nächsten Monaten befassen. 

(basta)

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