Massenunruhen in Ukraine: Schon fünf Tote

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Die Gewalt in den Straßen von Kiew eskaliert. Zuvor hatte die ukrainische Regierung ein hartes Vorgehen gegen "Provokateure" angekündigt.

"Es würde mich nicht wundern, wenn es bald Tote zu beklagen gibt", warnte Oppositionsführer Vitali Klitschko am Dienstag. Schon einen Tag später sollten sich seine Befürchtungen bewahrheiten: Bei den Massenunruhen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew sind am Mittwoch laut Angaben von Ärzten fünf Menschen gestorben, zwei von ihnen starben durch Schussverletzungen. 300 Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt.

Die genauen Hintergründe der Todesfälle sind noch unklar. Beobachter sagen, dass Scharfschützen der Sicherheitskräfte geschossen hätten, die Regierung hingegen weist den Vorwurf zurück. Ein weiterer soll bei einen Fluchtversuch vor der Polizei 13 Meter in die Tiefe gestürzt sein. Er soll zuvor Brandsätze auf die Polizei geworfen haben. Präsident Viktor Janukowitsch ordnete eine Untersuchung an.

Klitschk: "Werden kämpfen, wenn es nötig wird"

Ministerpräsident Mykola (Nikolai) Asarow machte am Mittwoch die auf dem zentralen Maidan-Platz versammelten Regierungsgegner für die zunehmende Gewalt verantwortlich: "Terroristen vom Maidan haben Dutzende Menschen umzingelt und geschlagen. Ich stelle offiziell fest, dass es sich um Kriminelle handelt, die sich für ihre Taten werden verantworten müssen."

Am Mittwochabend gingen dann wieder 50.000 Menschen auf die Straße, um gegen die Polizeigewalt zu demonstrieren. Klitschko rief dabei zum Widerstand auf: "Wir werden weiter auf dem Platz stehen und kämpfen, wenn es nötig wird", sagte er. Er rief die Polizei auf, zur Opposition überzulaufen. Die Kundgebung begann mit einer Schweigeminute für die Opfer des Volksaufstands.

Tränengas und Benzinbomben

Zu den jüngsten Zusammenstößen war es gekommen, als die Polizei mithilfe von Tränengas ein Lager der Oppositionellen auflösen wollte. Nach Augenzeugen-Berichten wurden die Beamten jedoch durch Benzinbomben abgewehrt. Die Einsatzkräfte setzten Schlagstöcke ein, um die Demonstranten zurückzudrängen. Zudem beschlagnahmten sie eigenen Angaben zufolge Kanister mit giftigen Chemikalien, deren Einsatz Kundgebungsteilnehmer vorbereitet hätten.

Die Polizei verwendet mittlerweile Methoden eines Überwachungsstaates: Personen im Umfeld von Krawallen wurden am Dienstag via Handy geortet - und erhielten Nachrichten wie: "Sie wurden als Teilnehmer von Massenunruhen registriert."

Auslöser der wochenlangen Proteste ist der pro-russische Kurs von Präsident Janukowitsch. Er hatte im November überraschend eine über Jahre ausgehandelte stärkere Anbindung seines Landes an die EU abgelehnt. Seine Gegner lehnen diesen Kurs ab. Janukowitsch hat zwar seine Bereitschaft erklärt, einen Kompromiss mit seinen Gegnern ausloten zu wollen. Allerdings zeichnen sich derartige Verhandlungen bisher nicht ab.

(APA/AFP/Red.)

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