Steinmeier verdrängt Merkel von Platz eins im Ranking

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GERMANY BERLIN FILM FESTIVAL 2014(c) APA/EPA/JOERG CARSTENSEN
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Laut ARD-Umfrage wollen die Deutschen auch eine aktivere Außenpolitik – allerdings ohne Einsatz von Waffen. Mit 70 Prozent Zustimmung ist der Außenminister nun beliebtester Politiker der Deutschen.

Berlin. Einen solchen Sprung nach vorn schafft selten ein Politiker: Beim ARD-Deutschlandtrend konnte Frank-Walter Steinmeier um ganze 17 Prozentpunkte nach vorn rücken. Mit 70 Prozent Zustimmung ist der Außenminister nun beliebtester Politiker der Deutschen. Der SPD-Grande verdrängt Angela Merkel von einem Spitzenplatz, den die CDU-Kanzlerin zwei Jahre lang durchgehend behaupten konnte (abgesehen von Präsident Gauck, der in dieser Umfrage nicht mitabgefragt wird).

Einen griffigen Grund für diesen Höhenflug gibt es nicht. Aber Steinmeier war schon als Außenminister in der letzten Großen Koalition von 2005 bis 2009 sehr beliebt. Nun ist er wieder stark präsent, vor allem in den vergangenen Wochen, in denen sich der politische Diskurs stark um außenpolitische Themen drehte.

Profilieren konnte sich der neue alte Chef im Auswärtigen Amt vor allem mit seiner Forderung, Deutschland müsse sich aktiver bei internationalen Konflikten engagieren. Dies war der Tenor seiner Rede vor der Sicherheitskonferenz in München, wo Gauck noch lauter ins selbe Horn blies. Dritte im Bunde ist Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Sie aber hat im Beliebtheitsranking verloren (minus sechs Punkte). Der Wechsel in den Bendlerblock verschafft der CDU-Politikerin ein Imageproblem, die Deutschen sehen sie nicht in ihrer neuen Rolle.

Wollen die Bürger also „mehr Engagement“? 52 Prozent wollen das, 44 Prozent nicht. Hinterfragt man die Antwort, ergibt sich aber ein differenziertes Bild: Über vier Fünftel wünschen sich mehr diplomatisches Bemühen und humanitäre Hilfe in Krisengebieten. Aber einen stärkeren Einsatz von Kampftruppen zusammen mit Nato oder EU lehnen die meisten weiter ab: Nur 22 Prozent wollen mehr kämpfende Soldaten im Ausland sehen.

AfD am Sprung nach Straßburg

Auf der Bremse steht weiterhin Merkel. Sie würde von der Doktrin der Zurückhaltung, dem Amtsverständnis von Steinmeiers Vorgänger Westerwelle, am liebsten gar nicht abrücken. „Die Zeit“ sieht sie nun in die Enge getrieben. Mit der Entpolitisierung alles Politischen sei es vorbei, frohlockt das Magazin: „Einen besseren Moment für die Republik, einen unangenehmeren für die Kanzlerin hat es lange nicht gegeben.“

Das Stimmungsbarometer der ARD ist vor allem für den anlaufenden Europawahlkampf relevant. In der Sonntagsfrage zur EU-Wahl im Mai liegt die SPD bei 29 Prozent, die Union bei 39. Die eurokritische AfD überspringt aus heutiger Sicht mit sechs Prozent locker die Dreiprozenthürde, die FDP mit vier Prozent nur knapp.

Seehofer stoppt Stromtrassen

Voll im Wahlkampfmodus ist bereits wieder Bayern. Dort finden im März Kommunalwahlen statt. Und Horst Seehofer wäre nicht er selbst, würde er nicht in einer solchen Phase mit einer volksnahen Kehrtwende für Schlagzeilen und wütende Proteste der Opposition sorgen. Der CSU-Ministerpräsident fordert einen Planungsstopp für den Bau von Hochspannungsleitungen nach Bayern. Erst wenn das neue Ökostromgesetz steht, könne man sich anschauen, welche Stromtrassen überhaupt gebraucht werden.

Doch auch Wirtschaftsverbände warnen: Ohne diese Trassen von Nord- nach Süddeutschland kann die Energiewende nicht gelingen. Nach der Katastrophe von Fukushima konnte es der CSU beim Ausstieg aus der Atomkraft gar nicht schnell genug gehen. Je weiter der Schock zurückliegt, desto stärker regen sich im Volk Widerstände gegen Windräder und Strommasten – eine Stimmung, die Seehofer bedient. Der Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen nennt ihn deshalb einen „energiepolitischen Irrläufer“. Für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ist Seehofer gar ein „feiger Populist“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2014)

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