Spanisches Parlament schränkt "Weltrechtsprinzip" ein

Der frühere chinesische Staatspräsident Jiang Zemin und Ex-Ministerpräsident Li Peng.
Der frühere chinesische Staatspräsident Jiang Zemin und Ex-Ministerpräsident Li Peng.(c) Reuters (Andrew Wong)
  • Drucken

Spaniens Justiz ermittelte bislang wegen weltweiter Verstöße gegen die Menschenrechte. Nun dürfte sich das Land dem Druck aus China beugen.

Die spanische Justiz wird zahlreiche Fälle internationaler Menschenrechtsverletzungen, die sie zur Zeit noch verfolgt, vermutlich bald zu den Akten legen müssen. Das Abgeordnetenhaus nahm am späten Dienstagabend in Madrid einen von der Regierung eingebrachten Entwurf für eine Gesetzesreform zur Einschränkung des Prinzips der universellen Rechtsprechung an.

Die Reform soll nach Vorstellung der konservativen Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy schon in etwa zwei Monaten in Kraft treten. Dann wird die spanische Justiz nur noch ermitteln dürfen, wenn Täter und Opfer Spanier beziehungsweise in Spanien lebende Ausländer sind. Bei der Debatte vor der Abstimmung warf die linksgerichtete Opposition der Regierung im Parlament vor, sich "dem Druck mächtiger Länder" zu beugen.

Haftbefehl für Chinas Ex-Staatspräsidenten

Gemeint ist vor allem China. Erst am Montag hatte ein Richter am Nationalen Gerichtshof in Madrid unter dem Vorwurf des Völkermordes in Tibet Haftbefehle gegen den früheren chinesischen Staatspräsidenten Jiang Zemin (87), für Ex-Ministerpräsident Li Peng (85) und drei weitere ehemalige Führer des asiatischen Landes erlassen. Schon nach einem ersten entsprechenden Anordnungsbeschluss des Gerichtshofs vom vergangenen November hatte Peking scharfen Protest erhoben.

"China ist zutiefst unzufrieden und lehnt die falschen Handlungen der spanischen Stellen ab", sagte die chinesische Außenamtssprecherin Hua Chunying kurz vor der Abstimmung im Parlament am Dienstag.

Spanien bisher Vorreiter bei Weltrechtsprinzip

Besonders seit der 1998 vom bekannten Untersuchungsrichter und Menschenrechtsverteidiger Baltasar Garzon veranlassten Festnahme des chilenischen Ex-Diktators Augusto Pinochet in London wird das Weltrechtsprinzip von der Justiz in Spanien wie sonst nirgendwo auf der Welt konsequent in die Praxis umgesetzt. 2009 waren es die Sozialisten, die die Kompetenzen der Justiz erstmals eingeschränkt hatten, und zwar auf Fälle mit "relevanter Verbindung zu Spanien".

Im Falle des der chinesischen Führung von Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre vorgeworfenen Völkermordes in Tibet hatte der Gerichtshof das Klagegesuch einer Initiative zugelassen, weil weder die chinesische Justiz noch der Internationale Strafgerichtshof (IStGH bzw. ICC) Ermittlungen angestellt hatten und einer der Kläger die spanische Staatsbürgerschaft besitzt. In Spanien ermittelt die Justiz zur Zeit neben vielen anderen Fällen unter anderem wegen Verstößen gegen die Menschenrechte im Irak, in Guatemala, El Salvador, Ruanda sowie im Gazastreifen.

(APA/DPA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.