Frankreich: "Vollidioten" und "Supernullen"

(c) REUTERS (TOBIAS SCHWARZ)
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Ein Berater zeichnete Gespräche mit Ex-Präsident Nicolas Sarkozy auf. Die Republik ist empört - die einen über Vertrauensverrat, die anderen über die Boshaftigkeit.

Paris. Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni wollen gegen einen ehemaligen Berater im Elysée-Palast Klage wegen Verletzung der Privatsphäre einreichen. Der Ex-Journalist und Kommunikationsexperte Patrick Buisson, der zeitweise als einflussreichster Berater des Präsidenten galt, hat offenbar hunderte Stunden aus Gesprächen im Elysée-Palast, aber auch Intimes aus dem Eheleben der Sarkozys auf einem versteckten Diktiergerät aufgenommen.

Jetzt zirkulieren diese Aufzeichnungen als „Sarko-Leaks“ im Internet. Die Parteikollegen von der konservativen UMP und jene von dieser Spionageaffäre direkt betroffenen ehemaligen Mitarbeiter sind äußerst aufgebracht über den eklatanten Vertrauensbruch. Sarkozy selbst sagt, er sei konsterniert. Ausgerechnet die „graue Eminenz“, der politische Einflüsterer Buisson, war die „Wanze“ im Elysée. Angeblich wollte er alle Gespräche im Büro des Präsidenten archivieren, um eines Tages ein Buch zu schreiben.

Das Satire-Blatt „Le Canard Enchaîné“ veröffentlichte erste Auszüge, das Onlinemagazin „Atlantico“ druckte weitere Episoden ab. Wer hört, in welchem Ton Sarkozy und seine engsten Berater über Minister und andere Mitarbeiter herziehen, könnte leicht den letzten Respekt verlieren. Da wimmelt es von „Vollidioten“, „Supernullen“ oder „totale Katastrophen“, Journalisten sind „bellende Hunde“.

„Ich bin verrückt nach ihm“

Auch bei privaten Gesprächen zwischen dem damaligen Staatschef und seiner Frau hat Buisson sein Diktafon laufen lassen. So spottet Carla, Sarkozy lasse sich von seiner reichen Frau aushalten. Und sie beklagt sich, dass sie als First Lady keine einträglichen Reklameverträge für Faltencreme übernehmen könne: „Und ich meinte, ich heirate einen Typen mit einem ordentlichen Gehalt und allem Drum und Dran. Ich hatte wunderbare Verträge – und nun nichts mehr!“ Sie freut sich schon auf die Zeit danach: „Da ich meinen Job wieder machen kann wie vorher. Allein um den Unterhalt zu bestreiten. Der ist eben teuer. Aber ich sage dir, ich bin eben verrückt nach ihm. Da verliert man eben den Kopf.“ Kaum ist sie weg, schimpfen die Höflinge über ihren „Drecksköter“, einen Chihuahua.

Zum Schmunzeln finden die meisten die Affäre nicht. Denn es ist nicht auszuschließen, dass es in den Unterredungen auch um Staatsgeheimnisse ging. Die Sozialisten sprechen darum von einer Staatsaffäre und fordern eine parlamentarische Untersuchung.

Für Sarkozy, der seine Rückkehr an die Macht vorbereitet, wäre das politisch bedrohlich. Mit seiner Klage möchte er darum vor allem erreichen, dass die Veröffentlichung der Buisson-Bänder gestoppt wird, bevor der Schaden noch größer werden könnte. Die Zeitung „Le Monde“ meint, der Abhörskandal gebe den Populisten Auftrieb, die alle Regierenden – ob links oder rechts – für korrupt halten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2014)

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