Wehrpflicht für Ultraorthodoxe in Israel

Israel, Wehrpflicht
Israel, Wehrpflicht (c) EPA (Jim Hollander)
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Während die Opposition die Debatte boykottierte, beschloss die Knesset den Militärdienst für Thora-Studenten.

Jerusalem. Lange sträubten sich die ultraorthodoxen Juden mit allen Mitteln gegen die Wehrpflicht, religiöse Parteien schmetterten Vorstöße in einer Koalition stets ab, zuletzt mobilisierten sie bei einer Kundgebung 300.000 Anhänger. Doch am Mittwoch war all dies Makulatur: Während die Opposition die Debatte boykottierte, stimmte die Regierung geschlossen für eine Aufhebung der Ausnahmeregelung für Strenggläubige.

Es ist eine Zäsur: Seit der Staatsgründung Israels im Jahr 1949 waren ultraorthodoxe Juden, die sich dem Bibelstudium widmeten, vom Militärdienst ausgenommen. Davon profitieren mehrere zehntausend junge Männer. Die Mitte-rechts-Koalition, der keine ultraorthodoxen Parteien mehr angehören, hatte sich die Wehrpflichtreform auf die Fahnen geschrieben – eine zentrale Forderung der Zukunftspartei des Finanzministers Yair Lapid.

Knesset-Hürde angehoben

Um für den umstrittenen Gesetzentwurf, der ab Mitte 2017 auch Gefängnisstrafen für Totalverweigerer vorsieht, eine Mehrheit zu garantieren, war die Reform mit zwei Gesetzesvorhaben verknüpft worden – darunter einem Gesetz, das die Zweiprozenthürde für den Einzug in die Knesset auf 3,25 Prozent anhebt. Das 120-köpfige Parlament stimmte schließlich mit 65 Stimmen für die Reform. Zugleich wird die Ministerzahl im Kabinett von 22 auf 18 reduziert.

Ultraorthodoxe müssen künftig stufenweise eine Mindestanzahl junger Rekruten stellen. Zurzeit dienen Männer in Israel drei Jahre, Frauen zwei Jahre. Im Zuge der Reform soll die Dienstzeit um einige Monate sinken. Die Einbeziehung der Ultraorthodoxen in den Militärdienst soll ihre bessere Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Die Mehrzahl der ultrareligiösen Männer hat kein Einkommen, was die Armut in Großfamilien verstärkt, die im Durchschnitt sieben Kinder haben. Die Ultraorthodoxen machen zehn Prozent der Bevölkerung aus. (Reuters/AFP)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2014)

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