USA: Proviant statt Waffen für Kiew

U.S. Secretary of State John Kerry speaks during a press conference in London
U.S. Secretary of State John Kerry speaks during a press conference in London(c) REUTERS
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Amerika setzt in der Ukraine-Krise gegenüber Russland noch einmal auf Diplomatie und holt sich wieder eine Abfuhr. So ist zu erwarten, dass die US-Regierung Finanzsanktionen gegen russische Regierungsfunktionäre verhängen wird.

Washington. US-Präsident Barack Obama hat das Ansuchen der neuen ukrainischen Regierung um Waffen, Munition, Nachtsichtgeräte, Flugzeugtreibstoff und Hilfe bei der militärischen Aufklärung russischer Truppenbewegungen vorerst zurückgewiesen. Das Pentagon wird allerdings in den nächsten Tagen damit beginnen, Einmannpackungen an die Ukraine zu liefern. Das sind Marschrationen, mit denen sich Soldaten im Einsatz zumindest einen Tag lang selber ernähren können, falls sie keinen Zugang zu Feldküchen haben.

Kaum kampfbereit

„Das ist kein Nein für immer, sondern ein Nein für jetzt“, kommentierte ein US-Regierungsfunktionär im „Wall Street Journal“ die Entscheidung, keine Waffen an Kiew zu liefern. Das ukrainische Hilfsansuchen wurde vorige Woche von den Verteidigungsministern der beiden Länder, Chuck Hagel und Ihor Tenyukh, besprochen. Premierminister Arseniy Jatseniuk brachte es am Mittwoch bei seinem Treffen mit Obama im Weißen Haus noch einmal zur Sprache.

Das „Wall Street Journal“ zitiert den ukrainischen Verteidigungsminister Tenyukh auch mit den Worten, von seinen 41.000 Infanteristen seien „derzeit höchstens 6000 gefechtsbereit“.

Washington bemüht sich allerdings, den Ausbruch offener Kämpfe zwischen russischen und ukrainischen Truppen mit diplomatischen Mitteln zu verhindern. Am Freitag trafen sich die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, in England ein letztes Mal zu Verhandlungen, bevor am Sonntag die Volksabstimmung auf der Krim über den Beitritt zur Russischen Föderation stattfindet.

Nach fünf Stunden und mehreren langen Spaziergängen in den malerischen Gärten der Residenz des US-Botschafters in London beendeten Kerry und Lawrow ihre Klausur ohne Fortschritte. Und der Russe hatte im Wettlauf darum, wer die öffentliche Debatte um die Krim-Krise diktiert, einmal mehr die Nase vorn. „Jeder weiß, wie wichtig die Krim für Russland ist, viel wichtiger als die Falklandinseln für das Vereinigte Königreich“, sagte er bei einer anschließenden Pressekonferenz, bevor Kerry öffentlich Stellung nehmen konnte. Russland plane keine Invasion der Ost- oder Südukraine. Und wenn die Abspaltung des Kosovo von Serbien ein Sonderfall gewesen sei, dann gelte das auch für die Krim. Mit letzterer Anspielung wich Lawrow elegant dem westlichen Vorwurf aus, Moskau sei scheinheilig, wenn es einerseits im Fall der Krim die Selbstbestimmung der Völker preist, andererseits aber im Fall der Kosovaren nicht gelten lässt.

USA bereitet Sanktionen vor

Und so ist zu erwarten, dass die US-Regierung am Montag Finanzsanktionen gegen russische Regierungsfunktionäre und Manager staatsnaher Konzerne verhängen wird. Das Finanzministerium kann das kraft eines Krisenerlasses, den Obama vorige Woche verfasst hat, ohne Zutun des Kongresses tun. „Es wird Kosten geben, wenn die Volksabstimmung stattfindet“, hatte ein hoher US-Regierungsbeamter bereits vor Kerrys vergeblichem Gespräch mit Lawrow gesagt. „Belassen wir es vorerst dabei.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2014)

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