Ukraine: Wähler strömen zu Krim-Referendum

ITAR TASS SIMFEROPOL CRIMEA UKRAINE MARCH 16 2014 A voter appears at a polling station in Simf
ITAR TASS SIMFEROPOL CRIMEA UKRAINE MARCH 16 2014 A voter appears at a polling station in Simfimago/ITAR-TASS
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Bei der heutigen Abstimmung über den Anschluss der Krim an Russland zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Ukrainische Medien werfen Moskau vor, die Wahl zu manipulieren.

Allen Sanktionsdrohungen gegen Russland zum Trotz haben die Bewohner der Krim am Sonntag über einen Anschluss der ukrainischen Halbinsel an die Russische Föderation abgestimmt. Es wurde erwartet, dass die überwiegend russische Bevölkerung für eine Eingliederung votiert. Bis zu Mittag blieb es auf der Krim ruhig. Die Wahlbeteiligung liege bereits bei annähernd 50 Prozent, sagte der prorussische Regierungschef Sergej Aksjonow im russischen Staatsfernsehen.

Wahllokalleiter berichteten aus einzelnen Regionen, dass auch zahlreiche Vertreter der tatarischen Minderheit an der Abstimmung teilnähmen. Zuvor hatte die traditionell der Ukraine zugewandte Gemeinschaft der Tataren zum Boykott des Referendums aufgerufen.

Vor dem Wahllokal in einer Oberschule der Regionalhauptstadt Simferopol standen Dutzende Menschen an. "Ich bin hierhergekommen an diesem Festtag und habe für die Krim und die Krimbewohner gestimmt", sagte ein Mann. "Und jetzt gehe ich in die Stadt zum Feiern." Eine junge Frau sagte: "Ich habe für Russland gestimmt. Darauf haben wir gewartet."

Vorwurf der Wahlmanipulation

UKRAINE CRISIS CRIMEA REFERENDUM
UKRAINE CRISIS CRIMEA REFERENDUMAPA/EPA/YURI KOCHETKOV

Allerdings gibt es auch unbestätigte Berichte ukrainischer Medien wird die Abstimmung durch Russland manipuliert. Es seien viele russische Staatsbürger, die nicht in den Wählerlisten stünden, eingeflogen worden, um an dem Referendum teilzunehmen, hieß es. Außerdem wird scharfe Kritik an den durchsichtigen Wahlurnen geübt.

Bewaffnete Kräfte zeigten Präsenz. Unklar war, wie ab Montag die Kontrolle über die ukrainischen Militärstützpunkte auf der Krim geregelt wird und ob sich die Soldaten dem russischen Militär unterstellen. Entscheidungen würden je nach Lage getroffen, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Igor Tenjuch. "Aber noch einmal: Das ist unser Land, und wir werden es nicht verlassen."

Waffenruhe ausgerufen

Allerdings hat seit Wochen das russische Militär faktisch die Kontrolle über die Krim und seine Truppenstärke auf bis zu 22.000 Mann erhöht. Beide Seiten vereinbarten Tenjuch zufolge eine Waffenruhe auf der Krim, die bis Freitag dauern soll.

Die rund 1,5 Millionen Wahlberechtigten haben zwei Optionen, die aber beide auf eine russische Kontrolle der Krim hinauslaufen. Für einen Verbleib der autonomen Halbinsel in der Ukraine kann nicht votiert werden. Fast zwei Drittel der rund zwei Millionen Krim-Bewohner sind Russen. Die Minderheit der muslimischen Krimtataren hat einen Boykott des Referendums angekündigt. Die Wahllokale schließen um 19.00 Uhr (MEZ). Erste Ergebnisse werden am Abend erwartet, das Endergebnis erst am Montag oder Dienstag.

Der Stimmzettel

"1) Sind Sie für eine Wiedervereinigung der Krim mit Russland mit den Rechten eines Subjekts der Russischen Föderation?

2) Sind Sie für eine Wiederherstellung der Gültigkeit der Verfassung der Republik Krim von 1992 und für einen Status der Krim als Teil der Ukraine?"

Zur Erklärung: Anders als im aktuellen Text der Verfassung der Ukraine steht im Grundgesetz von 1992 nicht, dass die Krim ein unveräußerlicher Teil der Ukraine sei und die Verfassung der Ukraine Vorrang habe. Die Krim ist demnach ein eigenständiges Subjekt, das gewisse Hoheitsrechte an die Ukraine abgibt.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen John Kerry am Samstag, dass die Volksabstimmung rechtens sei. Lawrow habe gesagt, dass sie dem Völkerrecht und der UN-Charta entspreche, teilte sein Ministerium mit. Das Votum müsse der Ausgangspunkt dafür sein, wie die Zukunft der Halbinsel geregelt werde.

EU berät über Strafmaßnahmen

"Wir sind in einer brandgefährlichen Lage", warnte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. In der "Welt am Sonntag" forderte er die russische Regierung abermals zum Einlenken auf. "Wenn Russland nicht in letzter Minute einlenkt, werden wir am Montag im Kreis der EU-Außenminister eine entsprechende erste Antwort geben." Sie beraten in Brüssel über eine weitere Stufe der Strafmaßnahmen gegen diejenigen in Russland, die für eine Abspaltung der Krim verantwortlich gemacht werden.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz verurteilte das Krim-Referendum als "Eingriff in die territoriale Integrität und Völkerrechtsbruch". Das laufende Votum werde zur "Abspaltung" der Halbinsel von der Ukraine führen, sagte der Deutsche am Sonntag in Wien.

Gewalt im Osten der Ukraine

Der ukrainische Präsident Alexander Turtschinow warf der russischen Regierung massive Provokationen vor und warnte vor einer Invasion. Die Gewalt im Osten der Ukraine, bei der zuletzt drei Menschen getötet wurden, sei das Werk von "Kreml-Agenten", sagte er am Samstag vor dem Parlament in Kiew. Er rief zum Boykott des Referendums auf: "Das Ergebnis ist schon im Kreml aufgeschrieben worden, der nur einen Vorwand sucht, um Truppen in unserem Land zu stationieren und einen Krieg zu beginnen, der das Leben der Menschen und die Wirtschaftschancen auf der Krim zerstört."

(APA/Reuters/AFP)

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