Ukrainisches Parlament billigt Teilmobilmachung

Ukrainische Soldaten bei einem Checkpoint in der Region Kherson nahe der Krim.
Ukrainische Soldaten bei einem Checkpoint in der Region Kherson nahe der Krim.(c) REUTERS (VALENTYN OGIRENKO)
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Kiew reagiert auf Referendum auf der Krim-Halbinsel. Die EU könnte heute nach "Presse"-Informationen eine Namensliste mit Personen im Umfeld des Kremls beschließen, die mit Sanktionen rechnen müssen.

Das Parlament der Ukraine hat am Montag ein Präsidenten-Dekret gebilligt, das eine Teilmobilisierung der Streitkräfte einschließlich der Mobilisierung von 40.000 Reservisten vorsieht. Davon sollen 20.000 in die Streitkräfte eingebunden werden und 20.000 in eine neu gebildete Nationalgarde.
Die Abgeordneten begründeten ihre Entscheidung mit der "Einmischung Russlands in die inneren Angelegenheiten der Ukraine". Es gab keine Gegenstimme.

Es ist die erste nonverbale Reaktion aus Kiew auf das international scharf kritisierte Referendum auf der von russischen Truppen besetzten Krim-Halbinsel: Darin hatten sich am Sonntag nach Angaben der Regionalregierung 96,6 Prozent der Wähler für einen Beitritt zur Russischen Föderation aus.

Unmittelbar nach dem Referendum machte das Regionalparlament in Simferopol den Weg für einen Beitritt der ukrainischen Halbinsel zur Russischen Föderation frei. Die 85 Abgeordneten votierten am Montagmorgen einstimmig für die Unabhängigkeit der Krim und eine Eingliederung in das Nachbarland.
Der Präsident des Krim-Parlaments, Wladimir Konstantinow, teilte mit, die ukrainischen Militäreinheiten in der Krim-Region würden aufgelöst.

Das Referendum sei "gemäß der ukrainischen Verfassung und gemäß internationalem Recht illegal", erklärte unterdessen die EU-Außenbeauftragte Ashton unmittelbar vor Beginn eines Treffens der EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Es habe bereits "eine gute Diskussion" zwischen den EU-Botschaftern über Sanktionen gegeben.

Wie die "Presse" erfahren hat, könnte bereits Montagnachmittag eine Namensliste jener Personen im Umfeld des Kreml feststehen, die von der EU mit Sanktionen belegt werden. Die EU-Botschafter hätten konkrete Namen bereits abgesprochen, nun müssen die Außenminister noch darüber entscheiden.

Noch keine Wirtschaftssanktionen

Am österreichischen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) werden die Sanktionspläne von Kommissarin Ashton nicht scheitern. Kurz hat am Montag erneut erklärt, dass die EU das Krim-Referendum nicht akzeptieren könne. Er erwarte, dass die EU-Außenminister bei ihrem heutigen Treffen in Brüssel Sanktionen gegen russische "Einzelpersonen" aus dem "politischen und militärischen" Bereich erließen, sagte Kurz im Interview mit dem Ö1-Morgenjournal. 

Wen die Sanktionen konkret treffen würden, sei noch Gegenstand der Verhandlungen zwischen den Außenministern, fügte Kurz hinzu. Klar sei jedoch, dass vorerst keine Wirtschaftssanktionen, sondern lediglich Kontosperren und Einreiseverbote erlassen würden. Auch hohe russische Wirtschaftsbosse, wie etwa der Gazprom-Chef würden wohl nicht betroffen sein. Von Gegensanktionen, die auch Österreich und die EU treffen würden, gehe er gegenwärtig nicht aus, sagte der Außenminister. Diese würden erst für den Fall von Wirtschaftssanktionen ins Spiel geraten, die sich die EU weiterhin für den Fall vorbehält, sollte Russland seinen Annexionskurs in der Ostukraine fortsetzen.

Obama drohte Putin telefonisch

Die USA haben unmittelbar nach der Abstimmung Drohungen ausgesprochen. US-Präsident Barack Obama hat in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Anerkennung der Abstimmung kategorisch ausgeschlossen. Moskau müsse mit "zusätzlichen Kosten" wegen der Krim rechnen, sagte Obama in dem Gespräch am Sonntagabend.

"Er betonte, dass Russlands Handlungen gegen die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verstoßen, und dass wir in Abstimmung mit unseren europäischen Partnern darauf vorbereitet sind, Russland zusätzliche Kosten für seine Aktionen aufzuerlegen", teilte das Präsidialamt in Washington mit. Obama habe Putin auch gesagt, dass die Krise nach wie vor diplomatisch gelöst werden könne. Das russische Militär müsse aber erst damit aufhören, in die Ukraine "einzufallen".

EU: Soldaten auf Hälfte reduzieren

Auch die EU rief Russland auf, seine Soldaten zurückzuziehen. Ihre Zahl müsse wieder verringert werden - auf das Niveau vor Ausbruch der Krise. Nach ukrainischen Regierungsangaben sind derzeit 22.000 russische Soldaten auf der Krim, vereinbart seien aber maximal 12.500. Das russische Militär, dessen Schwarzmeerflotte dort stationiert ist, hat faktisch die Kontrolle über die Halbinsel übernommen.

Das Krim-Referendum "verletzt die ukrainische Verfassung" und sei unter dem "Zwang einer russischen Militärintervention" abgehalten worden, sagte Obama. Eine diplomatische Lösung der Krise könne nicht erreicht werden, solange das russische Militär auf das Territorium der Ukraine vordringe und russische Militärmanöver an der Grenze zum Nachbarland die Spannungen erhöhten.

Schwierige wirtschaftliche Situation

Der EU-Parlamentarier und Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Elmar Brok, forderte noch härtere Sanktionen gegen Russland, als sie die EU-Außenminister am Montag in Brüssel beschließen wollen. "Weder der russische Einmarsch auf der Krim noch das Referendum sind rechtskonform. Das kann man keinesfalls akzeptieren", sagte Brok der "Passauer Neuen Presse" (Montagsausgabe). Der CDU-Politiker fordert "eine Reaktion, die Russland schmerzt". Russland sei in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Es lebe fast nur von Öl- und Gasverkäufen. "Wenn der Kreml auch weiter nicht zu Gesprächen bereit ist, muss es weitere Sanktionen geben, die uns natürlich auch selbst treffen würden", sagte Brok. "Kurzfristiges Gewinndenken kann langfristig unsere Chancen auf eine freiheitliche Entwicklung in Europa gefährden.

Der Kurs des Euro ist am Montag nach dem Referendum auf der Krim leicht gefallen. Die europäische Gemeinschaftswährung kostete im frühen Handel 1,3901 US-Dollar. Im asiatischen Handel war er noch mit 1,3928 Dollar gehandelt worden. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Freitag auf 1,3884 (Donnerstag 1,3942) Dollar festgesetzt. Auch nach der umstrittenen Volksabstimmung auf der Krim dürfte die Krise um die ukrainische Halbinsel die Finanzmärkte dominieren, sagten Händler.

Russland will Krim rasch aufnehmen

Nach dem Referendum will Russland nun die Republik rasch in die Föderation aufnehmen. Die Staatsduma in Moskau schaffe dafür jetzt die rechtlichen Voraussetzungen, sagte Vizeparlamentschef Sergej Newerow am Montag der Agentur Interfax. "Die Menschen haben für die Wiedervereinigung mit einem Volk gestimmt, mit dem sie immer gelebt haben", sagte Newerow.

(APA/AFP/Reuters/sda/dpa/Red.)

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