Putin zieht Krim-Annexion durch

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Russlands Präsident treibt Eingliederung der Krim voran. Auf der Halbinsel stürmen Russen eine ukrainische Basis. Der Premier der Ukraine tobt: Nun sei der Konflikt in die militärische Phase eingetreten.

Moskau/Kiew. Russlands Führung zeigt sich unbeeindruckt von den Sanktionen des Westens. Präsident Wladimir Putin peitscht den Anschluss der Krim durch. Am Dienstag unterzeichnete er einen Vertrag zur Aufnahme der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel in die Russische Föderation. Ende der Woche schon soll das formale juristische Prozedere abgeschlossen sein. Dann ist die Krim Teil Russlands.

Doch kann ein Krieg vermieden werden? Am Dienstag griffen Bewaffnete eine ukrainische Militärbasis in der Krim-Hauptstadt, Simferopol, an. Ein ukrainischer Soldat starb. Der Krim-Konflikt sei von der politischen in die militärische Phase übergetreten, schäumte daraufhin der ukrainische Premier Arsenij Jazenjuk. Die Attacke sei ein Kriegsverbrechen. Er habe seinen Verteidigungsminister angewiesen, ein dringendes Treffen mit Vertretern Russlands, Großbritanniens und der USA zu organisieren.

Einstündige Brandrede an die Nation

Wenige Stunden zuvor hatte Putin eine Brandrede an die Nation gehalten. In den Herzen und Köpfen des Volks sei die Krim immer ein untrennbarer Bestandteil Russlands gewesen, und so werde es bleiben, donnerte der Staatschef vor der versammelten Elite seines Landes in den Georgssaal. In scharfen Worten warf er den „westlichen Partnern“, deren Außenpolitik nicht vom Völkerrecht, sondern vom Recht des Stärkeren geleitet sei, Heuchelei vor. Was der Westen dem Kosovo billige, wolle er nun den Bewohnern der Krim vorenthalten.

Am Sonntag hatte sich eine überwältigende Mehrheit der überwiegend russischen Bevölkerung auf der Halbinsel für eine Eingliederung in Russland ausgesprochen. Die internationale Gemeinschaft erkennt das Referendum nicht an, denn es fand unter militärischem Druck und ohne vorherige Absprache mit den ukrainischen Behörden statt. Die ukrainische Regierung bekräftigte am Dienstag, dass es die Abspaltung der Krim nie akzeptieren werde. Putin warf umgekehrt der Führung in Kiew vor, durch einen Staatsstreich gegen den rechtmäßigen Präsidenten, Viktor Janukowitsch, an die Macht gekommen zu sein und antisemitische Faschisten in ihren Reihen zu haben. Gleichzeitig beteuerte der Kreml-Herrscher, keine weitere Abtrennung im Osten der Ukraine anzustreben. Für diesen Fall haben die EU und die USA mit Wirtschaftssanktionen gedroht. Über die gezielten Einreiseverbote und Kontosperren für zwei Dutzend Politiker der zweiten Reihe machten sich die Russen am Dienstag lustig. Sämtliche Abgeordneten des russischen Unterhauses stellten einen Antrag, auch in diese „Ehrenliste“ aufgenommen zu werden.

Faymann bietet sich als Vermittler an

Auch Japan verkündete Strafmaßnahmen, allerdings noch mildere als der Westen. Es setzte Verhandlungen mit Russland über Investitionsförderungen und Visa-Liberalisierung aus. London ging einen Schritt weiter. Es stoppte Waffenexporte nach Russland und kündigte die militärische Kooperation auf. US-Präsident Obama forderte ein Krisentreffen der sieben führenden Industriestaaten (G7). Deutschlands Regierungschefin, Angela Merkel, stellte klar, dass Russland noch nicht aus den G8 ausgeschlossen sei.

Österreichs Bundeskanzler, Werner Faymann, gab nach dem Ministerrat zu Protokoll, dass Sanktionen kein Problem lösen würden. „Die Lösung kann nur sein, zu Verhandlungen zu kommen.“ Und dafür bot er Österreich als Vermittler an. Ausscheren aus dem EU-Konsens will der Kanzler freilich nicht. Einen Ratschlag für die Ukraine hatte Faymann zudem auch parat: „Die Neutralität ist natürlich ein gutes Modell.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2014)

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