Nato: „Russland eher Gegner denn Partner“

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Im Westen grassiert die Angst vor einer Ausweitung des Konflikts, etwa auf Transnistrien. In diesem Fall drohte der deutsche Außenminister Steinmeier einschneidende Maßnahmen gegen Moskau an.

Kiew/Moskau. Nach dem Anschluss der Krim an Russland greifen im Westen Warnungen vor einer Ausweitung der Krise um sich. Die Situation vor allem in der Ostukraine sei alles andere als stabil, merkte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach einem Besuch in Donezk an. Und die angespannte Lage im ostukrainischen Industrierevier sollte ihm recht geben: Tausende prorussische Demonstranten forderten am Sonntag in Donezk ebenfalls ein Referendum über die Eingliederung an Moskau. Über den Lenin-Platz hallten „Russland, Russland“-Sprechchöre.

Steinmeier erklärte in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“: „Ich mache mir große Sorgen, dass der völkerrechtswidrige Versuch, 25 Jahre nach Ende des Kalten Krieges international anerkannte Grenzen in unserer europäischen Nachbarschaft zu korrigieren, die Büchse der Pandora öffnet.“ Zugleich drohte er Russland mit schärferen Sanktionen. „Sollte Russland über die Krim hinausgreifen, werden wir in Europa einschneidende Maßnahmen beschließen, selbst wenn wir hierfür wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen müssen.“

„Beziehungen zu Moskau überdenken“

Ähnlich besorgt äußerte sich der britische Außenminister William Hague: „Wir und unsere Verbündeten müssen darauf vorbereitet sein, eine neue Art der Beziehung zu Russland in Betracht zu ziehen, die sich stark von der in den vergangenen 20 Jahren unterscheidet“, schrieb er in einem Gastkommentar für den „Sunday Telegraph“. „Einige in Russland mögen glauben, dass das Vorgehen auf der Krim kurzfristige Schmerzen in Form von begrenzten Sanktionen verursacht und die Dinge danach wieder von Null beginnen. Doch das russische Volk hat in Wahrheit langfristig eine Menge zu verlieren – in der Ukraine, in Europa und international.“

Im Westen herrscht die Befürchtung, nach dem Anschluss der Krim könne Russland in weiteren Regionen der Ostukraine mit einer großen russischstämmigen Bevölkerung intervenieren. Russlands Präsident Wladimir Putin hat indessen bei seiner Kreml-Rede vorige Woche erklärt, er strebe nicht den Anschluss weiterer Teile an.

Der Oberkommandierende der Nato, General Philip Breedlove, warnte vor der großen Streitmacht, die Russland an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hat. Sie reiche aus, um in Transnistrien einzugreifen. „Russland verhält sich eher als Gegner denn als Partner“, sagte er. Das russische Verteidigungsministerium versicherte, Russland halte sich an die internationalen Vereinbarungen über die Truppenstärke an der Grenze. 1990 sagte sich Transnistrien von Moldawien los, das zwischen dem EU-Land Rumänien und der Ukraine liegt und knapp vier Millionen Einwohner hat. In dem Gebiet leben viele ethnische Russen, und auch in Moldawien sind russische Soldaten stationiert. Erst im Jänner stimmten die Bewohner in einem weiteren von Moldawien abtrünnigen Landesteil, Gagausien, in einem Referendum dafür, sich der von Russland gegründeten Zollunion anzuschließen.

Jean-Claude Juncker, der Kandidat der Europäischen Volkspartei für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten, bezeichnete es als vordringlich, rasch das Assoziierungsabkommen mit Moldawien zu unterschreiben. Putin müsse „wissen, dass er in Moldawien nicht tun darf, was er auf der Krim getan hat“. Andernfalls könnte Moldawien zum Opfer russischer Aggressionen werden.

Russen besetzten weitere Militärbasen

Selbst der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko, ein enger Verbündeter Putins, betrachtet den Anschluss der Krim als „schlechten Präzedenzfall“. Die Krim sei nun faktisch Teil Russlands. Unterdessen rückten auf der Krim russische Soldaten in weitere ukrainische Militäreinrichtungen ein, unter anderem in einen Flieger- und einen Marinestützpunkt. (Reuters, DPA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2014)

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