Afghanistan trotzt den Angriffen auf seine Demokratie

(c) APA/EPA/PARWIZ SABAWOON (PARWIZ SABAWOON)
  • Drucken

Den Taliban gelang es nicht, die Neuwahl des Staatsoberhaupts zu behindern. Rund 20 Menschen kostete die Präsidentenwahl in Afghanistan das Leben.

Kabul. Sie waren auf dem Weg nach Kunduz. Im Kofferraum ihres Wagens hatten die drei Männer eine Wahlurne mit Stimmzettel, die sie zur Wahlbehörde bringen wollten. Doch die Fahrt endete tödlich. In Khanabad rollte das Auto über eine Sprengfalle. Die Männer waren auf der Stelle tot, alle Stimmzettel wurden vernichtet.

Rund 20 Menschen kostete die Präsidentenwahl in Afghanistan das Leben. Es gab mehrere Bombenanschläge und Angriffe auf Wahllokale. Dennoch sprach der abtretende Präsident Hamid Karzai von einem Erfolg. „Heute haben wir der Welt bewiesen, dass in diesem Land das Volk bestimmt.“ Die große, von den Taliban angedrohte Anschlagswelle war ausgeblieben. Trotz aller Drohungen hatten am Samstag sieben von zwölf Millionen Wahlberechtigten am Urnengang teilgenommen. Der Andrang war so groß, dass einzelne Wahllokale sogar die Öffnungszeiten verlängern mussten. Vor den Gebäuden hatten sich Menschenschlangen gebildet.

Die Wahl macht den Weg für die erste demokratische Machtübernahme in der Geschichte Afghanistans frei. US-Präsident Barack Obama würdigte die großteils friedliche Abstimmung als „wichtigen Meilenstein“ auf dem Weg des Landes in eine demokratische und eigenverantwortliche Zukunft.

Stichwahl notwendig

Die Auszählung der Stimmen wird voraussichtlich bis 24. April dauern. Der Transport von Wahlurnen aus den entlegenen Gebirgsregionen zur zentralen Wahlbehörde ist schwierig und zeitaufwendig. Sollte wie erwartet keiner der Kandidaten für die Karzai-Nachfolge eine absolute Mehrheit erringen, wird am 28. Mai eine Stichwahl stattfinden.

Die besten Chancen haben Karzais langjähriger Rivale Abdullah Abdullah, der Intellektuelle Ashraf Ghani und Ex-Außenminister Zalmay Rassoul. Ghani sprach von einem „Tag des Stolzes“. Die starke Beteiligung von rund 60 Prozent zeige die „Entschlossenheit“ der Afghanen, eine bessere Zukunft aufzubauen. Karzai, der Afghanistan seit dem Sturz der Taliban 2001 regiert, durfte laut Verfassung nicht mehr antreten.

Weniger Angriffe, mehr Klagen

Den Taliban gelang es nicht, die Abstimmung massiv zu stören. Nach Angaben des Geheimdienstes NDS gab es deutlich weniger Angriffe als bei der Wahl 2009. Allerdings häuften sich die Klagen über Wahlbetrug. Bei der Wahlkommission liefen 162 Beschwerden ein. Vor fünf Jahren waren 1,2 Millionen Stimmen wegen Betrugs für ungültig erklärt worden.

Die Wahl ist die letzte vor dem Ende des Kampfeinsatzes der Nato-Schutztruppe zum Jahresende. Alle drei Favoriten haben angekündigt, im Fall ihres Siegs ein Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen – Voraussetzung für einen kleineren Nato-Einsatz zur Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Afghanistan: Sieben Millionen nahmen an Wahl teil

Nach der Präsidentenwahl am Samstag wurde mit der Stimauszählung begonnen. Erste Teilergebnisse werden erst Mitte kommender Woche erwartet. Im Vorfeld kam es zu einigen Angriffen der Taliban.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.