Ukraine-Krise: Schweden baut Luftwaffe stärker aus als zuvor geplant

Saab Gripen
Saab GripenSwedish Airforce
  • Drucken

Die Krise in Osteuropa weckt auch in Skandinavien Unbehagen: Die Regierung will vorerst 60 moderne "Super Gripen"-Kampfjets anschaffen - um zehn mehr, als vom Parlament eigentlich abgesegnet.

Angesichts der köchelnden Krise in Osteuropa im Zuge der Besetzung der Krim durch Russland und Ängsten vor möglichen weiteren russischen Landnahmen in der Ostukraine und im Baltikum zeigt das neutrale Schweden die Zähne: Verteidigungsministerin Karin Enstrom gab vor Tagen bekannt, dass man die Luftwaffe stärker ausbauen werde, als es einer früheren Entscheidung des Parlaments entspreche: Demnach sollen 70 weitere Mehrzweckkampflugzeuge Saab JAS 39 "Super Gripen" beschafft werden. Das Parlament hatte 60 abgesegnet.

"Müssen Schwedens Verteidigung stärken"

"Russlands Verhalten in und rund um die Ukraine hat Unsicherheit in Europa geschaffen", sagte Enstrom, "Was passiert ist, zeigt, dass wir Schwedens Verteidigung wirklich stärken müssen." Enstrom (47) gehört zur rechtsliberalen Moderaten Sammlungspartei von Premierminister Fredrik Reinfeldt, sie ist selbst ausgebildete Marineoffizierin und im Range eines Hauptmanns des "Amphibischen Korps", das ist die schwedische Küstenverteidigung.

Super Gripen (Gripen NG)
Super Gripen (Gripen NG)Armasuisse/Georg Mader

In Schweden hatte schon vor der Krise in der Ukraine eine Debatte über den militärischen Zustand begonnen. Das Land ist nicht Mitglied der Nato und kann sich nicht auf Beistand verlassen. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges verfügte es noch mehr als 400 moderne Kampfflugzeuge (typisch war in den 1970ern bis 1990ern die Saab JA 37 "Viggen") und konnte fast eine Million Soldaten mobilisieren.

Mehr Modernisierung als Neubau

Heute sind es - in allen Teilstreitkräften - weniger als 20.000 aktive Soldaten plus etwa 20.000 Mann lokaler Heimatschutz (eine Art leichte Infanterie) und gerade einmal 12.000 Reservisten. Die Luftwaffe ist auf etwa 150 Gripen geschrumpft, von denen rund ein Drittel allerdings älteren Typs und eingelagert oder Trainer sind.

Ein Großteil der jetzt beabsichtigten zahlenmäßigen Zunahme an aktiven Jets soll indes durch Kampfwertsteigerung bestehender Gripen-Versionen zu "Super Gripen" bewerkstelligt werden. Der Neubau dürfte sich im Bereich von nur zehn bis 20 Stück bewegen.

Eine gut bestückte Super Gripen
Eine gut bestückte Super Gripen Saab

2010 war in Schweden die Wehrpflicht abgeschafft worden. Bereits zwei Jahre später erklärte der Oberkommandierende der Streitkräfte, man könne die Grenzen nicht länger als eine Woche verteidigen.

Simulierter Luftangriff auf Stockholm

Voriges Jahr gab es dann ein "Erweckungserlebnis" der besonderen Art, als Ende März russische Kampfflugzeuge, darunter schwere strategische Tupolew Tu-22M "Backfire"-Bomber, während eines nächtlichen Manövers über der Ostsee unerwartet in schwedischen Luftraum eindrangen und offenbar Angriffe auf strategische Ziele in und um Stockholm übten. Schwedens Luftwaffe wurde völlig überrumpelt und brachte keine Jäger hoch, dafür stiegen von Litauen aus dänische F-16 der Nato hoch und beschatteten die Russen während ihres Rückflugs.

Russische Backfire-Bomber 2012 bei einer Luftfahrtshow
Russische Backfire-Bomber 2012 bei einer Luftfahrtshowrussavia

Heute sind sich Regierung und Opposition in Schweden einig, dass die Verteidigungsfähigkeit des Landes mangelhaft ist. Der Wiederaufbau einer robusten Verteidigungsfähigkeit würde allerdings nach Ansicht von Militärexperten bis zu zehn Jahre dauern - und die Auslieferung der neuen Super Gripen soll auch erst ab 2018 einsetzen.

Schwedischer Soldat einer Spezialeinheit (diesfalls in Afghanistan)
Schwedischer Soldat einer Spezialeinheit (diesfalls in Afghanistan)Swedish Army

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.