Großbritannien: Irischer Präsident bei der Queen

Michael Higgins, Irland, Queen, Großbritannien
Michael Higgins, Irland, Queen, Großbritannien(c) Wikipedia
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Zum ersten Mal besucht ein irischer Staatschef London. Seit dem Besuch der Monarchin in Dublin haben sich die Beziehungen der Länder verbessert.

London. Queen Elizabeth mag zwar frugal sein, aber für den ersten Staatsbesuch eines Präsidenten der Republik Irland in Großbritannien lässt es die britische Monarchin an nichts fehlen. Dem irischen Staatschef, Michael Higgins, wird nicht nur die besondere Ehre zuteil, mit seiner Frau im königlichen Windsor Palace nächtigen zu dürfen; Higgins wird auch zu einer Kutschenfahrt mit der Queen und ihrem Mann, Prinz Phillip, durch Windsor geladen – und als Höhepunkt des viertägigen Besuchs gibt die Monarchin heute, Dienstagabend, ein Staatsbankett.

Auf dem Programm Higgins' stehen auch ein Mittagessen mit Premierminister David Cameron, eine Rede vor beiden Kammern des Parlaments und ein Besuch in der Shakespeare-Geburtsstadt Stratford-Upon-Avon. Es wirkt ein wenig, als wollten die Briten den Iren zeigen, was sie alles haben könnten, wenn sie sich nicht vor knapp 100 Jahren gegen die Herrschaft aus London erhoben hätten.

Heute sind die Beziehungen jedoch so gut und eng, dass zu den Gedenkfeiern des Osteraufstands von 1916 sogar ein Mitglied des Königshauses nach Dublin eingeladen werden soll. Der irische Regierungschef, Enda Kenny: „Das wäre ein weiterer Meilenstein in der Vertiefung der Beziehungen zwischen unseren Ländern.“

IRA-Funktionär eingeladen

Großen Anteil hatte der erste offizielle Besuch der Queen in Irland vor drei Jahren, der „das Eis gebrochen hat“, wie ein irischer Diplomat sagt. Die Entspannung reicht so weit, dass der ehemalige Anführer der Terrororganisation Irisch-Republikanische Armee (IRA), Martin McGuiness, in seiner heutigen Funktion als zweiter Mann der Regierung Nordirlands zum Staatsbankett geladen ist.

In seiner Reaktion pries McGuiness die britische Monarchin für ihre „Führungsrolle im Aussöhnungsprozess“. Dieser wurde im Karfreitagsprozess von 1998 zwischen Katholiken und Protestanten festgeschrieben, die sich seither die Macht in der Unruheprovinz kartellartig teilen. Unter der befriedeten Oberfläche gärt es weiter, aber die beispiellose Gewalt, die mehr als 3000 Tote in insgesamt 30 Jahren „Troubles“ gefordert hatte, ist überwunden.

Umso besser sind die Beziehungen Großbritanniens mit Irland. Mit Sorge sieht man allerdings in Dublin das wachsende Abrücken Londons von Europa. Immerhin ist Großbritannien der mit Abstand größte Handelspartner. „Was Irland sicher nicht will, ist, vor eine Wahl zwischen London und Brüssel gestellt zu werden“, sagt Eunan O'Halpin, Historiker am Trinity College Dublin.

Ebenfalls auf peinliche Neutralität bedacht ist Irland in der Frage der schottischen Unabhängigkeit, über die am 18. September abgestimmt wird. Ein Ja würde aber irischen Nationalisten, die weiter die Vereinigung Irlands fordern, zweifellos Auftrieb geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2014)

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