Nigeria: Blutbad zur Rushhour am Busbahnhof

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Ein Attentat in Abuja forderte vermutlich mehr als 200 Todesopfer. Es war der erste Anschlag in der Hauptstadt seit drei Jahren. Seit Monaten überziehen islamische Boko-Haram-Milizen den Nordosten mit Terror.

Abuja. In den vergangenen Monaten hatten Anschläge den Nordosten des bevölkerungsreichsten Staates Afrikas an der Grenze zu Kamerun erschüttert. Montag früh rückte der Terror indessen ins Zentrum des Landes. Die Attentäter schlugen Montag früh in Nigerias Hauptstadt Abuja zu, zur Rushhour an einem Busbahnhof an der Peripherie, als sich dort hunderte Passagiere drängten.

Sie richteten ein Blutbad an, die Opferzahl übersteigt mehr als 200 Tote. Zunächst ging man von 100 Toten aus. Eine Mitarbeiterin des National Hospital, die anonym bleiben wollte, erklärte am Montagabend, sie habe persönlich in der Leichenhalle über 200 Tote gezählt.

Mindestens zwei Busse seien völlig ausgebrannt, am ganzen Areal lagen Leichenteile verstreut, viele bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Ein Mann hielt das blutbeschmierte Hemd seines Freundes in Händen. „Das ist, was von meinem Freund übrig geblieben ist“, erzählte der Überlebende. „In der Hemdtasche war ein Ticket, auf dem sein Name stand.“

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Es ist das erste Attentat in der Nähe der Hauptstadt seit drei Jahren. Damals haben Selbstmordattentäter Autobomben vor der Redaktion der Zeitung „This Day“ gezündet. Auch jetzt dürfte eine Autobombe die verheerende Explosion verursacht haben. 1991 hat Nigeria, der größte Ölproduzent des Kontinents, die Hauptstadt verlegt – von Lagos, der Millionenmetropole an der Atlantikküste, nach Abuja ins Herz des Landes.

Erst am Sonntag waren bei einem Angriff auf mehrere Dörfer im Nordosten Nigerias mindestens 60 Menschen getötet worden. Die Angreifer seien Sonntag früh auf Motorrädern aufgetaucht, berichtete der Gemeindevorsteher von Bama. Sie hätten Häuser in Brand gesteckt, und als die Menschen sich ins Freie retten wollten, hätten sie das Feuer eröffnet.

Nach diesem Muster hatten die islamistischen Boko-Haram-Milizen zuletzt stets Dörfer, christliche und staatliche Einrichtungen attackiert. Der Verdacht liegt daher nahe, dass sie auch für das Attentat in Abuja die Verantwortung tragen. Ein Bekennerschreiben stand vorläufig allerdings aus. Es würde auch die Behauptung der Behörden widerlegen, wonach die Gruppe zuletzt geschwächt worden sei.

Seit 2009 kämpft Boko Haram für einen islamischen Gottesstaat im muslimisch dominierten Norden Nigerias. Mehr als 6000 Menschen sind bisher der Gewalt der Gruppe zum Opfer gefallen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2014)

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