Al-Qaida-Treffen alarmiert USA

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Auf einem Video ist offenbar die größte Versammlung der Jihadisten seit Jahren zu sehen. Die Nummer zwei der al-Qaida droht darin dem „Kreuzträger Amerika“.

Sanaa/Wien. Dutzende vermummte Männer recken ihre Fäuste, Gewehre und schwarzen Fahnen vor einer Gebirgslandschaft im Jemen in den Himmel. Dann ist ihr großer Held zu sehen. Zur Begrüßung gibt es Küsschen links und Küsschen rechts. Der Mann mit dem blauen Turban ist nicht vermummt. Im Gesicht trägt er einen Bart und ein selbstbewusstes Lächeln. Es ist Nasir al-Wuhayshi, Nummer zwei des weltweiten al-Qaida-Terrornetzwerks und Chef von dessen gefährlichstem Ableger: „al-Qaida auf der arabischen Halbinsel“ (Aqap).

Der Nachrichtensender CNN veröffentlichte ein Video, das die größte al-Qaida-Versammlung seit Jahren zeigen soll. US-Regierungsbeamte halten die Aufnahmen Berichten zufolge für authentisch und neu. Offiziell gab es von Washington keinen Kommentar.

Das Videomaterial ist besorgniserregend. Auf der Jagd nach Terroristen überziehen die USA auch den Jemen mit Drohnenangriffen. 26 Luftschläge waren es im Vorjahr, acht weitere heuer. Und nun wagen sich offenbar Dutzende al-Qaida-Kämpfer aus der Deckung, exerzieren vor der Kamera, lauschen den Reden ihrer Anführer – und das dem Anschein nach ohne Angst vor einem Angriff aus der Luft. Beunruhigend ist auch die Botschaft des Videos. Die USA sind demnach weiter Hauptziel der Krieger der al-Qaida. „Wir müssen das Kreuz auslöschen. Und der Kreuzträger ist Amerika“, sagt Wuhayshi in dem Mitschnitt, den US-Behörden nun in allen Details auf Hinweise zu möglichen Anschlagsplänen abklopfen wollen, wie die „Washington Post“ berichtet.

Bin Ladens Privatsekretär

Die al-Qaida-Versammlung dürfte nicht zufällig im Jemen stattgefunden haben. Das Armenhaus der arabischen Halbinsel gilt als wichtigste Drehscheibe der Terrororganisation – zumal die schwache Zentralregierung in Sanaa auf einige Regionen, etwa im Osten des Landes, keinen Zugriff mehr hat. Außerdem ist Wuhayshi selbst Jemenit. Der charismatische Anführer wird bereits als Nachfolger von al-Qaida-Chef Aiman al-Zawahiri gehandelt. Jahrelang war der Jemenit Osama bin Ladens Privatsekretär. Nach 2001 lief er den iranischen Behörden in die Hände, die ihn in sein Heimatland überstellten. Doch 2006 gelang ihm der Ausbruch aus dem Gefängnis in der Hauptstadt Sanaa. Und seither macht er wieder bei al-Qaida „Karriere“.

Im vergangenen Sommer hatten die USA eine weltweite Terrorwarnung ausgegeben und wegen „akuter Anschlagsgefahr“ zahlreiche Botschaften geschlossen. Wie später bekannt wurde, war der Auslöser ein von den Geheimdiensten abgefangenes Telefonat zwischen al-Qaida-Chef Zawahiri und eben Wuhayshi.

Vom al-Qaida-Ableger auf der arabischen Halbinsel geht Experten zufolge die größte Terrorgefahr für den Westen aus. In den Reihen der jemenitischen Gotteskrieger soll sich auch Ibrahim al-Asiri befinden. Der 31-jährige Saudi hat angeblich den Sprengsatz für den „Unterhosenbomber“ gebastelt. Der Anschlag auf einen Flug nach Detroit 2009 scheiterte zwar, doch die Bombe war zuvor bei Kontrollen unentdeckt geblieben.

AUF EINEN BLICK

Al-Qaida. Der gefährlichste Ableger des Terrornetzwerks ist auf der arabischen Halbinsel beheimatet. Ein Video soll nun Anführer Nasir al-Wuhayshi mit Dutzenden Jihadisten zeigen. Experten halten das Bildmaterial für authentisch. Es wäre die größte bekannt gewordene Versammlung der al-Qaida seit Jahren – und das trotz regelmäßiger Drohnenangriffe der USA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2014)

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