Diplomatie: Zähe Krisensitzung der Vierer-Runde

UKRAINE, Russland, Genf, USA, EU
UKRAINE, Russland, Genf, USA, EU(c) APA/EPA/ERIC BRIDIERS / US DEPAR (ERIC BRIDIERS / US DEPARTMENT OF)
  • Drucken

In Genf trafen die Außenminister der USA, Russlands, der EU und der Ukraine zusammen, um scheinbar unüberwindbare Differenzen zu überbrücken. Dass die Gespräche stattfanden, war ein Mini-Erfolg – mehr nicht.

Wien/Genf. Sergej Lawrow hätte vielleicht ein süffisantes Lächeln aufblitzen lassen. Doch der Anblick der blanken Brüste der Femen-Aktivistinnen entging dem russischen Außenminister. Das Protestritual, erfunden und erprobt in Kiew, sorgte vor dem Hotel Intercontinental in Genf, dem Schauplatz des gestrigen Krisengesprächs über die Ukraine, lediglich kurz für einen Eklat.

Der 15-stöckige, graue Betonquader hinter dem ehemaligen sandsteinfarbenen Völkerbundpalast, dem UN-Sitz in Genf, war für drei der vier Protagonisten der Ukraine-Krisengespräche ein wohlvertrautes Terrain. Im feudalen, diskreten Ambiente des Hotels mit Blick auf den Genfer See und das Mont-Blanc-Massiv haben John Kerry, Sergej Lawrow und Catherine Ashton im Vorjahr bereits mehrfach um eine diplomatische Lösung gerungen.

Im Fall Syriens führten die Bemühungen ins Leere, im Atomkonflikt mit dem Iran mündete die Krisendiplomatie zwischen den Außenministern der USA, Russlands und der EU immerhin in seriöse Verhandlungen. Für die Ukraine-Konferenz in Genf mit dem Neuen in der Vierer-Runde, dem ukrainischen Außenminister, Andrej Deschtschyzia, standen die Vorzeichen indessen eher auf Konfrontation denn auf Entspannung.

Ein Kompromiss, gar ein Durchbruch schien nach der Eskalation auf der Krim und in der Ostukraine und dem „Krieg der Worte“ in weite Ferne gerückt. Erst hatte Russland Kontakte mit der aus seiner Sicht illegitimen Interimsregierung in Kiew ganz abgelehnt, ehe es doch zu einem Treffen der beiden Außenminister einwilligte.

Zuletzt drängte Moskau auf eine Einbindung von Vertretern der ukrainischen Regionen in die Gespräche. Der mit allen diplomatischen Wassern gewaschene Lawrow drohte mit einer Absage – im Wissen, dass eine Konferenz ohne russische Beteiligung von vornherein ein sinnloses Unterfangen sein würde. Schließlich ging es ja darum, Russland zur Räson zu rufen.

Drohgebärden im Vorfeld

In einem Vorgespräch mit Lawrow in Paris hatte Kerry schon am Mittwoch die Fühler ausgestreckt – freilich orchestriert von Drohgebärden beider Seiten. Als Reaktion auf den massiven russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze kündigte die Nato eine Verstärkung ihrer militärischen Aktivitäten in Osteuropa an.

Über dem Treffen am Genfer See schwebte die Androhung forcierter Sanktionen des Westens, wie es US-Präsident Barack Obama in einem Telefonat mit Wladimir Putin bekräftigte. Und am Vorabend prallten bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York über die Ukraine die Positionen in voller Vehemenz aufeinander. Während der Westen und die Regierung in Kiew den Kreml mit Kritik überzogen, pocht Putin auf Verfassungsrechte für die vorwiegend russischsprachige Bevölkerung in der Ostukraine, als deren Patron er sich stilisiert.

Die Ausgangslage für die Krisensitzung war also denkbar ungünstig – und dass sie überhaupt stattfand, war womöglich schon ein Erfolg, wenngleich in Miniatur. Um nicht mit völlig leeren Händen dazustehen, feilten die Diplomaten an einer Erklärung, die den kleinsten gemeinsamen Nenner in eine wolkige Formel fasste. Vor die TV-Kameras wagten sie sich erst sehr spät.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.