Neue US-Hinweise auf Giftgaseinsatz in Syrien

Syrian President Bashar al-Assad (C) chats with people during his visit to Ein al-Tinah village
Syrian President Bashar al-Assad (C) chats with people during his visit to Ein al-Tinah village(c) REUTERS (� Sana Sana / Reuters)
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Staatschef Assad will sich im Chaos als Präsident bestätigen lassen. Die USA sehen in der angekündigten Wahl eine "Parodie der Demokratie".

Nach Frankreich teilten auch die USA am Montag mit, "Hinweise" auf einen möglichen neuerlichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien zu haben. Bei dem in diesem Monat eingesetzten Kampfstoff könnte es sich um Chlorgas handeln, man überprüfe Vorwürfe wonach das syrische Regime für den Einsatz verantwortlich sei, erklärte das amerikanische Außenministerium. Zu dem angeblichen Giftgaseinsatz soll es demnach in der Stadt Kfar Zeita gekommen sei, fügte Ministeriumssprecherin Jen Psaki hinzu.

Regime und Rebellen hatten sich zuletzt gegenseitig den Einsatz von Chemiewaffen in der Kleinstadt Kfar Zeita (Kafarsita) vorgeworfen. Im August waren bei einem Giftgasangriff nahe Damaskus 1400 Menschen getötet worden. Der Westen machte Assad für den Angriff verantwortlich, die syrische Regierung islamistische Rebellen. Unter der Androhung eines US-Militäreinsatzes stimmte Assad der Vernichtung aller Chemiewaffen zu. Am Samstag hatte die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mitgeteilt, dass Syrien inzwischen 80 Prozent seiner Kampfstoffe übergeben habe.

Kritik an Wahl mitten im Bürgerkrieg

In der Kritik steht außerdem die angekündigte Präsidentenwahl in Syrien am 3. Juni. Wie die UNO am Montag mitteilten, forderten Generalsekretär Ban Ki-moon und Syrien-Vermittler Lakdar Brahimi die Führung in Damaskus dringend auf, ihre Pläne zu überdenken.

Der Sprecher des Generalsekretärs teilte mit, das Abhalten von Wahlen in der augenblicklichen Situation werde den politischen Prozess beschädigen und erschwere die Aussichten auf eine politische Lösung des Bürgerkriegs, die das Land so dringend benötige. Trotz aller Kritik würden Ban und Brahimi weiter nach einer Lösung für die syrische Tragödie suchen, betonte UNO-Sprecher Stephane Dujarric.

Den Termin hatte das Staatsfernsehen am Montag unter Berufung auf Parlamentspräsident Jihad al-Laham bekannt gegeben. Staatschef Bashar al-Assad will bei der seit längerem geplanten Wahl erneut antreten. Beobachter gehen davon aus, dass er der einzige Kandidat bleibt.

Viele Regionen in Rebellen-Hand

Für die Präsidentenwahl können sich Kandidaten von diesem Dienstag an registrieren lassen. Die Frist endet am 1. Mai. Wie die Abstimmung konkret verlaufen soll, ist allerdings unklar. Denn seit Beginn des Aufstands gegen Assad im März 2011 sind viele Regionen von Rebellen erobert worden. Regimegegner fordern einen bedingungslosen Rückzug Assads von der Staatsspitze.

Prominente Oppositionsaktivisten dürften außerdem - selbst wenn sie antreten wollten - von der Kandidatur ausgeschlossen sein. Laut Wahlrecht müssen alle Kandidaten in den vergangenen zehn Jahren in Syrien gelebt haben. Viele Oppositionelle waren wegen staatlicher Repressionen ins Exil gegangen.

USA: "Wahl hätte keine Glaubwürdigkeit"

Auch die USA und Großbritannien kritisierten die Ankündigung der Präsidentenwahl. Der geplante Urnengang sei "eine Parodie der Demokratie", sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney. Assad gebe seinen Anspruch, ein demokratisch gewählter Führer zu sein, der "Lächerlichkeit" preis. Die Wahl werde "keine Glaubwürdigkeit und Legitimität" in Syrien und im Ausland erlangen, fügte Carney hinzu.

Nach Einschätzung der britischen Regierung hat die Wahl "keinerlei Wert und keinerlei Glaubwürdigkeit". Mit der Abhaltung von Wahlen verfolge Machthaber Assad das alleinige Ziel, "seine Diktatur zu festigen", erklärte der britische Außenstaatssekretär Mark Simmonds. Die Wahlen würden "vor dem Hintergrund unaufhörlicher Attacken des Regimes gegen Zivilisten" abgehalten, "während Hunderttausende unter schrecklichen Bedingungen unter dem Joch des Regimes leben", hieß es in der Erklärung weiter. Tausende friedfertige Gegner Assads seien inhaftiert oder verschwunden. Millionen von Syrern, die durch den Bürgerkrieg in die Flucht getrieben wurden, könnten nicht wählen.

Kurz bevor der Termin für die Präsidentenwahl bekannt gegeben wurde, schlugen von Rebellen abgefeuerte Mörsergranaten nur wenige hundert Meter entfernt vom Parlamentsgebäude in Damaskus ein. Das berichteten Anrainer der Nachrichtenagentur dpa. Laut staatlicher Agentur Sana wurden zwei Menschen getötet.

Der syrische Bürgerkrieg hat Schätzungen zufolge mehr als 150.000 Menschen das Leben gekostet. Neben syrischen Regimegegnern kämpfen dort inzwischen auch Islamisten aus aller Welt.

(APA/dpa/AFP)

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