Lieberman „nicht glücklich“ über Kurz' geplante Iran-Visite

Austria´s FM Kurz observes a moment of silence in the Hall of Remembrance at the Yad Vashem Holocaust memorial in Jerusalem
Austria´s FM Kurz observes a moment of silence in the Hall of Remembrance at the Yad Vashem Holocaust memorial in Jerusalem(c) REUTERS (AMMAR AWAD)
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Außenminister Kurz stieß in Jerusalem auf Kritik bei seinem Amtskollegen. „Ich bin über keinen Besuch im Iran glücklich“, so Israels Außenminister Lieberman.

Jerusalem. Vor laufenden Kameras trägt Sebastian Kurz seine Botschaft in das Gedenkbuch des Holocaust-Memorials Yad Vashem ein: „Ich stehe hier als Repräsentant Österreichs in vollem Bewusstsein der Last der Geschichte und der historischen Verantwortung, die wir Österreicher auf unseren Schultern tragen“, schreibt der Außenminister. Sein Besuch in Yad Vashem habe ihn bestärkt, für eine Gesellschaft zu arbeiten, in der es keinen Platz für Vorurteile, Antisemitismus und Rassismus gebe.

Kurz besuchte am Dienstag die Gedenkstätte im Zuge seiner mehrtägigen Reise nach Israel und in die Palästinensergebiete. Er ließ sich durch das Museum in Yad Vashem führen, das den Völkermord an Millionen Juden im Zweiten Weltkrieg schildert, er legte einen Kranz in der Erinnerungshalle nieder. Dann sprach er ein Gebet und bekreuzigte sich – ein Zeichen des Respekts, wie es später aus dem Außenamt hieß. Die Anwesenheit einer Delegation aus Wien bleibt auch anderen Besuchern nicht verborgen. „Es wird Zeit, dass die Österreicher hierherkommen, um sich das anzuschauen“, ruft plötzlich ein alter Herr im Rollstuhl auf Deutsch mit Wiener Akzent. Kurz dreht sich zu ihm: „Und ich bin nicht der Erste, der hier ist.“

Kontakt mit Überlebenden

Dass Österreich eine starke historische Verantwortung gegenüber Israel hat, stellte Kurz auch in der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Außenminister, Avigdor Lieberman, klar. „Ich gehöre zu einer der letzten Generationen, die persönlich die Möglichkeit dazu haben, mit den Überlebenden der Shoa in Kontakt zu treten.“ Es sei die große Verantwortung seiner Generation, diese Erlebnisse wiederzugeben und dafür zu sorgen, dass sich so etwas nicht wiederhole, sagte Kurz. In Österreich habe es lange Schwierigkeiten gegeben, die eigene Geschichte zu bearbeiten. Mittlerweile werde aber viel getan. „Die Bundesregierung hat ein sehr gutes Verhältnis zur jüdischen Gemeinde in Österreich“, meinte Kurz und verwies darauf, dass in seiner Delegation auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Österreich, Oskar Deutsch, und andere Persönlichkeiten des jüdischen Lebens nach Israel gekommen seien.

Skepsis über Iran-Deal

Ein weiteres wichtiges Thema der Gespräche zwischen Kurz und dem israelischen Außenminister war der Streit der internationalen Gemeinschaft mit Teheran um das iranische Atomprogramm. Derzeit verhandeln Vertreter der Vetomächte im UN-Sicherheitsrat (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich) sowie Deutschlands und der EU mit dem Iran über Modalitäten, wie sichergestellt werden kann, dass Teheran keine Nuklearwaffen produziert. Vor allem in Israel ist man aber skeptisch, inwieweit diese Gespräche zum Erfolg führen können.

Bereits am Samstag fliegt Österreichs Außenminister zu Gesprächen in den Iran. „Ich bin über keinen Besuch im Iran glücklich“, so Israels Außenminister Lieberman auf die Frage, was er von Kurz' Reise nach Teheran halte. Es sei aber letzten Endes die Entscheidung jedes einzelnen Landes, wie man damit umgehe. Trotz der neuen moderater wirkenden Aussagen des neuen iranischen Präsidenten, Hassan Rohani, sei der Iran derselbe Iran wie zuvor. Denn das Regime in Teheran bedrohe nach wie vor Israel, leugne den Holocaust und unterstütze Syriens Regime und die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah, so Lieberman. „Der Iran darf keine Möglichkeit bekommen, zu Atomwaffen zu gelangen“, sagte Kurz. Und er versprach, bei seinem Besuch in Teheran die Sicherheitsbedürfnisse Israels anzusprechen.

Nach der Unterredung mit Lieberman traf Kurz am Dienstag mit dem israelischen Präsidenten, Schimon Peres, zusammen. Für Mittwoch waren Gespräche mit Israels Regierungschef, Benjamin Netanjahu, geplant. Danach fährt Kurz nach Ramallah im Westjordanland, wo er unter anderem mit Palästinerpräsident Mahmoud Abbas zusammentreffen soll. Der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern ist zuletzt ins Stocken geraten. Einige Beobachter fürchten sogar ein endgültiges Aus der Verhandlungen, für die sich vor allem US-Außenminister John Kerry eingesetzt hat.

Die Palästinenser hatten zuletzt sogar indirekt damit gedroht, die palästinensische Autonomiebehörde aufzulösen, da diese angesichts der israelischen Politik jede Legitimität verliere. „Wir werden uns nicht darin einmischen, ob die Behörde auseinanderfällt oder nicht“, meinte dazu gestern Außenminister Lieberman. „Wir stellen uns aber auf jedes Szenario ein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2014)

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