Der Parteikongress der „Mutterlandspartei“ kippt geplanten Mitte-Rechts-Dachverband.
ISTANBUL (keet).Der türkische Premier Tayyip Erdogan kann sich freuen: Kurz vor den vorgezogenen Parlamentswahlen am 22. Juli beginnt das gerade gegen ihn geschmiedete Oppositionsbündnis wieder zu zerfallen. Erst am 5. Mai hatten die Führer der „Partei des richtigen Weges“ (DYP), Mehmet Agar, und der „Mutterlandspartei“ (ANAP), Erkan Mumcu, die Vereinigung ihrer Parteien unter dem Dach der „Neuen Demokratischen Partei“ (YDP) beschlossen. Angesichts der Furcht vieler Türken davor, Erdogan und seine islamisch-konservative Bewegung könnten zu mächtig werden, hatte der neue Dachverband durchaus Chancen, dem Premier Stimmen abzujagen. Immerhin fischen sie alle im selben konservativen Wählerpool.
Doch das Vereinigungsprojekt der rechten Mitte scheiterte nun. Ein Parteikongress der „Mutterlandspartei“ lehnte den neuen Dachverband schlichtweg ab. Ein klares Misstrauensvotum gegen Parteichef Mumcu, der im Vorfeld schwere Fehler begangen hatte. Alles begann damit, dass Mumcus Vorgänger als Parteivorsitzender, Mesut Yilmaz, wieder die politische Arena betreten hatte. Eigentlich hatte Mumcu mit dem Chef der „Partei des rechten Weges“ Agar vereinbart, dass Yilmaz keine Rolle in der neuen gemeinsamen Parteienplattform spielen sollte.
Doch nun hielt sich Agar, der den Vorsitz der neuen Plattform übernommen hat, nicht mehr an diese Absprache. Er wollte Yilmaz und einige seiner Parteifreunde auf die Liste der Parlamentskandidaten setzen.
Mumcu trat die Flucht nach vorne an und verstieg sich zu der Aussage, nicht der inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan, sondern Yilmaz sei der unbeliebteste Politiker der Türkei. Dieser Vergleich führte zum Austritt einiger prominenter ANAP-Mitglieder. Da fiel es Agar nicht mehr schwer, dem geschwächten Mumcu auch in anderen Punkten seinen Willen aufzuzwingen – die ANAP lehnte daraufhin das neue Bündnis ab.
EU-Türkei Seite 4
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2007)