Russland: Noch ein Haftbefehl gegen Kreml-Kritiker Beresowski

(c) EPA/Gerry Penny
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Dem im Londoner Exil lebenden Oligarchen wird nun auch vorgeworfen, sich einen Kredit erschlichen zu haben. Beresowski spricht von einem "politischen Manöver".

Ein Gericht in Moskau hat am Dienstag einen weiteren Haftbefehl gegen den russischen Geschäftsmann und Kreml-Kritiker Boris Beresowski erlassen. Der in London im Exil lebende Oligarch habe sich 1997 bei der russischen SBS-Bank Agro einen Kredit über 13 Millionen US-Dollar (9,4 Millionen Euro) zum Kauf eines Hauses an der französischen Mittelmeerküste erschlichen, teilte die Justiz nach Angaben der Agentur Interfax mit. Die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage und seien ein politisches Manöver, quittierte Beresowski die Entscheidung.

»"Es ist egal, wie viele Haftbefehle ausgestellt werden. Es ist unmöglich, jemanden zwei Mal zu verhaften"«

Beresowski zur Nachrichtenagentur AP

Der Geschäftsmann und prominente Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin genießt in Großbritannien, wohin er im Jahr 2000 gegangen war, politisches Asyl.

Mit der Ausstellung des Haftbefehls folgte das Moskauer Gericht einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft vom 30. Juli. Sie verlangt zudem, dass das Luxusanwesen an der Cote d'Azur beschlagnahmt wird.

Ein Verfahren läuft bereits

In Russland wird Beresowski bereits in einer anderen Wirtschaftsstreitigkeit in Abwesenheit der Prozess gemacht: Die russische Generalstaatsanwalt hatte im April Anklage gegen ihn wegen illegaler Aneignung von 214 Millionen Rubel (6,2 Millionen Euro) der Fluggesellschaft Aeroflot Anfang der 90er Jahre erhoben. In dem Verfahren galt der Milliardär bis dahin nur als Helfershelfer. Ermittelt wird gegen Beresowski in seiner Heimat auch wegen weiteren Straftaten.

Die Anwälte des Oligarchen sagten, dass sie in der nächsten Zeit mit einem "Strauß" weiterer Anschuldigungen gegen ihren Mandanten rechneten. Demnach steht der Kreml-Kritiker unter anderem im Verdacht, gewaltsam einen Machtwechsel in Russland herbeiführen zu wollen.

Großbritannien weigerte sich bisher, Beresowski, der mittlerweile auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, an Russland auszuliefern.

Fall Litwinenko berlastet Beziehungen

Der Fall Beresowski ist nicht der einzige, der derzeit das britisch-russische Verhältnis auf eine Probe stellt. Die diplomatischen Beziehungen belastet vor allem der Fall des in London ermordeten Ex-Spions Alexander Litwinenko, der im vergangenen Jahr an einer Überdosis der radioaktiven Substanz Polonium-210 gestorben war.

Die britische Justiz sieht in dem ehemaligen KGB-Offizier Andrej Lugowoj den Hauptverdächtigen und fordert von Russland dessen Auslieferung, was die Regierung in Moskau ablehnt. Im Zuge dieses Streits hatten beide Länder jeweils Diplomaten ausgewiesen.

Beresowski stand in enger Verbindung mit Litwinenko, der ebenfalls ein Putin-Kritiker war. Beresowski macht den Kreml für den Gifttod seines früheren Mitarbeiters Litwinenko verantwortlich, wie dieser selbst auf dem Sterbebett behauptet hatte.

Beresowskis Vermögen stammt aus umstrittenen Privatisierungsgeschäften von russischen Staatsunternehmen in den 90er Jahren. Der Geschäftsmann zählte damals zu den Vertrauten des Ende April gestorbenen Ex-Präsidenten Boris Jelzin. Beresowski galt als Kreml-Insider, der dem amtierenden russischen Präsident Wladimir Putin mit zur Macht verhalf, bevor beide zu Rivalen wurden.

(Ag./Red.)

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