Kroatien: Ein Serbe als Vertriebenen-Minister

Reuters (Nikola Solic)
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Der konservative Premier Ivo Sanader will sein Land bis 2010 in die EU führen.

SPLIT. Der kroatische Regierungschef Ivo Sanader blickte am Wochenende das erste Mal seit langem wieder entspannt in die Fernsehkameras. Sanader hatte gerade im Parlament, dem Sabor, die Abstimmung für seine neue Regierung überstanden. 82 Abgeordnete stimmten für die neue Koalitionsregierung, die von der schon bisher regierenden „Kroatisch-Demokratischen Gemeinschaft“ (HDZ) mit ihren 66 Abgeordneten angeführt wird. Die Abgeordneten der Sozialdemokraten (SDP), der Istrischen Regionalpartei (IDS) und der Kroatischen Volkspartei (HNS) stimmten erwartungsgemäß gegen die neue Regierung.

Sanader bekräftigte erneut, dass „Kroatien unter Führung dieser Regierung seine strategischen Hauptziele erreichen wird“. Dazu gehöre, 2010 den Beitritt zur EU zu verwirklichen. Schon beim Nato-Gipfel Anfang April in Rumänien hoffe er, eine Einladung zur Mitgliedschaft im Atlantischen Bündnis zu erhalten. Sanader versprach, die dafür notwendigen Reformen so rasch wie möglich umzusetzen.

Die neue Regierung hat 17 Minister. Sie verfügt über weniger Rückhalt im Parlament als ihre Vorgängerregierung, doch ist die Mehrheit ausreichend, um stabil regieren zu können. Allerdings musste Sanader bei den Koalitionsverhandlungen erhebliche Konzessionen an das Bündnis aus Liberalen und der Bauernpartei (HSLS-HSS), an die „Unabhängige Demokratische Partei der Serben“ (SDSS), sowie an andere Minderheitenvertreter machen.

Bauern fürchten um Schnäpse

So erhalten die Serben den Posten eines Vizepremiers und erstmals auch einen Ministerposten. Der 60-jährige Slobodan Uzelac wird im 17-köpfigen Kabinett Minister für Wiederaufbau und die Rückkehr der Vertriebenen und gleichzeitig stellvertretender Ministerpräsident. Damit kommt Sanader Forderungen der EU entgegen, endlich gute Bedingungen für die sichere Rückkehr der 1995 geflohenen Serben aus Kroatien zu schaffen. Mit Uzelac wird die Verantwortung für die Rückkehr der serbischen Volksgruppe jetzt einem Serben übertragen.

Den verunsicherten Bauern versprach Sanader harte Verhandlungen mit der EU über landwirtschaftliche Fragen. Viele kleine Landwirte befürchten, die EU könnte zu sehr in die Herstellung eigener Produkte eingreifen und ihnen verbieten, etwa Schnäpse selbst herzustellen.

Sanader betonte Zagrebs Interesse an guten Beziehungen zu den Nachbarn. Aktuelle Sorgen bereitet ihm der Fischerei- und Grenzstreit mit Slowenien und Italien. Kroatien hat mit Blick auf die ökologisch wichtige Erholung des Fischbestandes in der Adria seine Hoheitsgewässer ausgedehnt und tritt der Überfischung durch italienische Trawler entgegen. Mit Slowenien sind die Grenzen der Hoheitsgewässer umstritten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2008)

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