"Österreichs Soldaten müssen im Tschad neutral bleiben"

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Sudans Staatsminister El-Samani warnt EU vor Parteinahme für Tschads Regierung. Den Völkermord in Darfur bestreitet er.

WIEN. Ende Jänner geht es los. Dann werden die ersten Bundesheersoldaten den Marschbefehl in den Tschad erhalten. Insgesamt 160 Mann sollen als Teil einer EU-Mission für die Sicherheit von Flüchtlingen im Osten des afrikanischen Landes sorgen. Tschads Rebellen haben die europäischen Soldaten bereits deutlich gewarnt, nicht für Machthaber Idris Déby Partei zu ergreifen. Und auch im Nachbarland Sudan beobachtet man den Aufmarsch auf der anderen Seite der Grenze sehr genau.

„Die EU-Truppe darf nicht Teil der Probleme im Tschad werden“, sagt der sudanesische Staatsminister im Außenamt Mohammed El-Samani El-Wasila. Er hält sich derzeit in Wien auf. Die europäischen Soldaten dürften keinesfalls die Regierung des Tschad unterstützen, denn das würde die Krise in dem Land nur noch weiter anheizen, warnt der Staatsminister. „Wir haben kein Problem mit den österreichischen Soldaten im Tschad. Wir wollen aber, dass sie neutral bleiben.“

„Kämpfe zwischen Familienclans“

Den Großteil der EU-Truppe im Tschad stellt Frankreich. Paris unterstützt aber auch Tschads Präsidenten Déby gegen die Rebellen. Und die Aufständischen wiederum sollen Hilfe aus dem Sudan erhalten.

Die sudanesische Regierung bestreitet dies freilich. Sie wirft im Gegenzug Déby vor, jene Rebellen auszurüsten, die in der westsudanesischen Krisenregion Darfur gegen die Zentralmacht in Khartum kämpfen. „Für uns ist die Frage wichtig, ob die EU-Truppe auch das Einsickern von Kämpfern und den Waffenschmuggel aus dem Tschad in den Sudan unterbindet“, sagt El-Samani.

Hauptaufgabe der europäischen Soldaten ist jedoch, ein sicheres Umfeld für jene zehntausenden Menschen zu schaffen, die im Osten des Tschad in Camps hausen. Die meisten dieser Menschen sind aus dem Sudan geflohen – aus Darfur, wo seit Jahren ein besonders grausamer Konflikt tobt. Die USA und die EU sprechen von Völkermord, hinter dem Sudans Regierung stecke. El-Samani weist diesen Vorwurf freilich zurück: Die Lage in Darfur sei kompliziert. Hintergrund der Gewalt seien meist Fehden zwischen Familienclans.

Erinnerung an Mohammed-Karikaturen

Ende Juli hat der UN-Sicherheitsrat eine gemeinsame Militärmission der UNO und der Afrikanischen Union in Darfur beschlossen. Im Gegensatz zur Mission im benachbarten Tschad soll die Darfur-Truppe in erster Linie aus afrikanischen Soldaten bestehen. Andere Länder sollen nur dann aktiv werden, wenn die Kapazitäten der Afrikaner nicht ausreichen. Genau das ist nun jedoch der Fall, doch niemand springt in die Bresche.

Die Europäer werfen dem Sudan vor, eine Teilnahme westlicher Soldaten an der Darfur-Mission zu behindern. Norwegen und Schweden haben deshalb erst jüngst ihre Zusage zurückgenommen, 400 Pioniere nach Darfur zu entsenden.

„Wir legen den Europäern keine Prügel in den Weg“, meint dazu Sudans Staatsminister El-Samani. Warum sich Khartum aber gegen eine Entsendung skandinavischer Soldaten gestellt habe, erklärt er so: „Wir sind ein muslimisches Land, und wir hatten schlechte Erfahrungen mit den Skandinaviern.“ Denn die Sache mit dänischen Mohammed-Karikaturen hätten die Menschen im Sudan noch nicht vergessen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2008)

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