Niederlande: Morddrohung gegen Islam-Kritiker

EPA (Robin Utrecht)
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Rechtspopulist Geert Wilders will in einem Film die dunklen Seiten des Islam zeigen. In Moslem-Kreisen brodelt es.

Den HAAG. Das Video ist klar und deutlich: Es ist ein Aufruf zum Mord. Gezeigt wird ein lebensgroßes Foto des rechtspopulistischen Politikers Geert Wilders. Erst ertönt arabische Musik, dann der Ruf „Allahu akbar“ (Allah ist groß). Ein Schuss fällt. Er trifft Wilders in die Stirn. Dazu die Textzeile „Headshot one“ (Kopfschuss eins).

So geht es weiter. Fünf Kugeln treffen den Papierkopf. Eine geht in den Mund – dazu das zynische Insert „Mouthshot“ (Mundschuss). „Allah ist groß“, tönt es wieder. Man sah das Video auf der Internetseite „YouTube“; es wurde inzwischen entfernt, ist aber auf anderen Websites zu finden. Wilders hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Die Justiz ermittelt.

Koran = „Mein Kampf“

Grund für die Drohung sind die Pläne Wilders, einen Islam-kritischen Film zu produzieren. Darin soll etwa der Koran mit Hitlers „Mein Kampf“ gleichgesetzt werden. Wilders – der Chef der „Partei für die Freiheit“ (PVV), die neun der 150 Parlamentarier stellt – kündigte indes am Sonntag an, dass der Streifen nicht im Jänner, sondern voraussichtlich erst im März im niederländischen TV und im Internet zusehen sein werde.

Grund seien Produktionsprobleme. Einen Konnex zwischen dem Aufschub des Films, dessen Ankündigung seit Wochen Wellen schlägt, und der Morddrohung weist Wilders entschieden zurück. Er enthüllte allerdings weitere Details zum Film: So werde man Bilder aus dem Alltag in islamischen Ländern sehen sowie Beispiele der Scharia-Rechtsprechung: etwa die Steinigung einer Frau im Iran und Exekutionen in Saudiarabien.

Dazu sollen Koran-Stellen zitiert werden, die das grausame Handeln angeblich legitimieren. „Der Zuseher kann sich seine Meinung bilden. Wer es schockierend finden sollte, soll nicht böse auf mich werden sondern auf die, die das machen. Ich zeige es nur“, so Wilders.

Immer mehr Moslem-Gruppen in- und außerhalb der Niederlande protestieren. Die in vielen Ländern aktive islamistische „Hizb ut-Tahrir“ (Befreiungspartei) droht mit Gewalt gegen Wilders und das niederländische Volk. Der Leiter des außenpolitischen Ausschusses im iranischen Parlament, Alaeddin Boroujerdi, droht „ernste Konsequenzen“ an, sollte der Film gezeigt werden. Syriens Großmufti warnte, der Film werde „zu Gewalt und Blutvergießen führen“.

Wilders bekommt Schützenhilfe aus der Wissenschaft, vom bekanntesten niederländischen Arabisten Hans Jansen (Uni Utrecht): „Der Islam unterscheidet sich von anderen Religionen vor allem durch den Dschihad, den Heiligen Krieg. Dschihad heißt, dass man für den Triumph des Islam über andere Religionen kämpfen muss und Gewalt gegen Nichtgläubige anwenden darf.“

Behörden raten zu Auslandsreise

Der linksliberale „Volkskrant“ schreibt: ,,Nach dem Mord an (dem Islam-kritischen Filmemacher, Anm,) Theo van Gogh war es auffallend still in der muslimischen Gemeinschaft unseres Landes. Sie schwieg meist auch, als Ayaan Hirsi Ali ihre Islamkritik äußerte. Jetzt plötzlich, im Vorfeld eines noch zu zeigenden Films, meldet sie sich wieder zu Wort.“

Die Behörden legten Wilders unterdessen nahe, im Ausland unterzutauchen, sollte der Film tatsächlich auf Sendung gehen.

HINTERGRUND

Die Toleranz und das Ignorieren der Probleme durch Immigration ist in den Niederlanden seit dem Mord an Regisseur Theo van Gogh (2004) durch einen Islamisten zu Ende. Auch Linke fordern inzwischen eine harte Gangart im Umgang mit Einwanderern, die unter Ausnutzung der bisher landestypischen Toleranz dem religiösen Extremismus huldigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2008)

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